pro: Mit wie vielen Helfern engagiert sich die Heilsarmee in Liberia im Kampf gegen Ebola?
Damaris Frick: Es sind 40 einheimische freiwillige Helfer vor Ort, dazu die meisten der insgesamt 60 Offiziere aus Liberia und Sierra Leone sowie einige aus Ghana, Kenia und Sambia.Ebola ist nicht heilbar und es gibt noch keine Impfung dagegen. Wie kann die Heilsarmee da helfen?
Die Heilsarmee in Liberia hat aufgrund ihrer kleinen Kapazität nicht die Mittel, Ausrüstungen oder Einrichtungen, um Ebolapatienten zu behandeln. Dennoch will sie durch Prävention dazu beitragen, dass sich diese Epidemie nicht weiter ausbreitet. Dabei koordiniert sie sich mit der Regierung und anderen Organisationen und Netzwerken, die dort die Ebolaseuche bekämpfen. Mit Hilfe eines mobilen Klinikteams führt sie zum Beispiel Sensibilisierungs- und Aufklärungkampagnen durch. In allen Heilsarmeeeinrichtungen wurden Handwaschstationen errichtet und in 17 Ortschaften und Stadtteilen Präventionsmaterial wie Handschuhe, Mundschutz, Schutzkleidung und Desinfektionsmittel verteilt. In manchen Gebieten ist es mittlerweile schwierig für Menschen, an Lebensmittel zu kommen. Dort geben unsere Mitarbeiter nun Lebensmittelpakete für die Allerbedürftigsten aus.Die Weltgesundheitsorganisation rechnet damit, dass die Epidemie neun Monate andauern könnte mit bis zu 20.000 Infizierten, die Überlebenschancen sind gering. Ist der Einsatz der Heilsarmee nicht ein Tropfen auf den heißen Stein?
Auch wenn der Einsatz der Heilsarmee in Liberia natürlich vergleichsweise klein ist im Verhältnis zu dieser riesigen Katastrophe, denke ich, dass jede Kirche, jede Organisation und jeder Einzelne dort ein kleines Stück dazu beitragen kann, dass diese Seuche bekämpft und eingeschränkt wird. Bisher hat die Heilsarmee 6.500 Menschen mit direkter Hilfe erreicht, wobei die eigentliche Anzahl natürlich schwierig zu messen ist. Wenn allein diese durch die Informationen, wie sie sich schützen können, Hygieneartikel und Lebensmittel nun eine größere Chance haben, von der Infektion mit Ebola verschont bleiben, hat sich die Arbeit und der selbstlose Einsatz meiner Kollegen dort gelohnt.Warum breitet sich die Seuche in Westafrika derart schnell aus, was ist das größte Problem?
Ich bin selber keine Seuchenexpertin, von daher kann ich darauf keine absolute Antwort geben. Meine Vermutung ist, dass vieles mit unausreichenden Ressourcen, Personal und Information zu tun hat. Ebolapatienten müssen im Grunde sofort isoliert werden, doch in dörflichen Gemeinden ist unter Umständen die nächste Klinik recht weit weg und es bleibt normalerweisen den Angehörigen überlassen, sich um ihre Kranken zu kümmern. Isolierstationen in einer liberianischen Klinik können ein Vorhang vor dem Zimmer bedeuten.Eine Mitarbeiterin von Ärzte ohne Grenzen sagte im Spiegel-Online-Interview, dass viele Betroffene die Existenz der Krankheit leugneten oder sich dafür schämten. Das mache die Hilfe schwierig. Machen Ihre Mitarbeiter ähnliche Erfahrungen?
Die Heilsarmee hat den großen Vorteil, dass sie in vielen Gebieten auch vor dem Ebolaausbruch gearbeitet hat. Oft sind sie als Kirche in Gemeinschaften etabliert und häufig sind das auch ärmere Gebiete. Unsere Mitarbeiter sind deswegen also schon bekannt und respektiert und können diese bestehenden Netzwerke nutzen. Es gehen in der Tat auch viele Gerüchte über Ebola um. Wir versuchen deswegen auch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.Die Menschen in Liberia sind durch die Seuche massiv mit dem Tod, auch mit dem Verlust von Freunden oder Angehörigen konfrontiert. Inwiefern leisten Sie auch seelsorgerliche oder psychologische Hilfe?
Die Heilsarmee ist sowohl eine Kirche als auch eine Organisation, die unter anderem humanitäre Hilfe leistet. Wir legen Wert darauf, humanitäre Hilfe nicht dazu zu „missbrauchen“, Menschen, die aufgrund ihrer Situation nicht freie Entscheidungen treffen können, in Gemeinden zu locken oder Evangelisation zu betreiben. Trotzdem können Heilsarmeepastoren dort natürlich seelsorgerliche Hilfe oder Gebet anbieten, wenn Personen das wünschen. In meiner persönlichen Erfahrung ist es häufig so, dass es unmittelbar nach einer Katastophe erstmal ums Überleben geht und dass Trauer, Verlust und die Rückkehr in eine Art von Normalität dann oft erst nach einiger Zeit so richtig einsetzen. Die Heilsarmee wird auch dann noch in Liberia sein, wenn diese Katastrophe vorüber ist und wenn Menschen lernen müssen, mit dem Verlust von vielen Angehörigen und Mitmenschen klarzukommen und wieder in ein normales Leben zurückzufinden. Viele internationale Organisationen werden zu diesem Zeitpunkt wieder weg sein, aber wir arbeiten eben nicht nur international, sondern vor allem auch sehr lokal.Trotz der Warnung vor großen Menschenzusammenkünften aufgrund der Ansteckungsgefahr sind die Kirchen in Liberia voll. Viele beten offenbar um Erlösung von der Seuche. Welche Rolle spielen die Kirchen in dieser Zeit in Liberia?
Die Heilsarmee hat auf Anweisungen der Regierung erst einmal alle ihre Schulen geschlossen und es werden auch gerade keine öffentlichen Zusammenkünfte gehalten. Zu groß ist einfach die Gefahr der Ansteckung. Wenn diese Seuche bekämpft werden soll, kann das nur durch Isolierung und Prävention passieren. Ich denke, Kirchen können da auch ihre Stellung nutzen und mit gutem Beispiel vorangehen. Eine Kirche besteht ja nicht nur aus sonntäglichen Zusammenkünften vieler Menschen sondern hat auch viele andere Aspekte an gemeinschaftlichem Leben und gelebtem Glauben. Persönlich bin ich der Meinung, dass in einer derartigen Situationen Gottes Liebe viel mehr in Form von praktischer Hilfe weitergegeben werden sollte.Wie geht es Ihren Mitarbeitern, die in Liberia im Einsatz sind, angesichts des wachsenden Ausmaßes der Not und Bedürftigkeit der Menschen dort?
Unsere Mitarbeiter dort zeigen eine beeindruckende Stärke und Bereitschaft, anderen zu helfen – trotz eigener Verluste und der Gefahr für ihr Leben. Vom Hauptquartier hier in London gibt es regelmäßigen Kontakt zu ihnen. Es ist eine extrem schwierige Situation und ein Ende dieser Seuche ist bisher nicht in Sicht. Von daher beten wir für unsere Kollegen aber auch dafür, dass diese dort auch weiterhin ein Segen für andere sein können.Vielen Dank für das Gespräch! (pro)
Die Fragen stellte Jonathan Steinert