Der scheidende Kirchen-Chef will seine krebskranke Frau, wenn es hart auf hart kommt, zur Sterbehilfe begleiten. Das ist zunächst verständlich. Aus Liebe stünde er seiner Frau bei, auch auf diesem Weg, sagt Schneider in einem derzeit heiß diskutierten Interview des Magazins Stern. Er stellt weiter klar: „Aber ich würde alles versuchen, Anne für einen anderen Weg zu gewinnen.“ Nicht nur der Ratsvorsitzende selbst, auch die Evangelische Kirche als solche steht seit Jahren dafür ein, die organisierte Sterbehilfe nach Schweizer Vorbild in Deutschland nicht zu legalisieren. Deshalb hat der oberste Protestant in Deutschland seiner Kirche mit dem Doppelinterview in Stern und Zeit einen Bärendienst erwiesen.
„Soso, andere sollen weiter leiden, für die eigene Familie geht man gern den Sonderweg, ‚die Liebe ist entscheidend’. Sie trinken heimlich Wein und predigten öffentlich Wasser, das wußte (sic!) schon Heinrich Heine“, schreibt ein Kommentator unter der Onlinemeldung der Zeit zum Interview. Das mag man pietätlos finden, vor allem aber ist es nachvollziehbar. Man darf sich fragen, wie künftige öffentliche Äußerungen der EKD zum nach wie vor diskutierten Thema der organisierten Sterbehilfe – ein Gesetz dazu gibt es in Deutschland nämlich noch nicht, es soll aber kommen – von der Öffentlichkeit noch ernst genommen werden sollen. Erst Recht, wenn es, Gott verhüte, tatsächlich zu dem Gang in die Schweiz kommen sollte.