Bundeskanzlerin Angela Merkel feiert ihren 60. Geburtstag
Ihren Glauben hat Angela Merkel lange Zeit für ihre Privatsache gehalten. Mit öffentlichen Bekenntnissen war sie zurückhaltend, mittlerweile verwende sie religiöse Begriffe häufiger, schreibt der Journalist Volker Resing in dem neuen Buch „Angela Merkel: Daran glaube ich“. „Sie hat in gewisser Weise gelernt, dass in einer Gesellschaft, in der Glaube und Kirchlichkeit schwinden, es einen Unterschied macht, wie die Kanzlerin sich dazu verhält.“ Im Gespräch mit anderen Menschen sollte man nicht verschweigen, „woher unsere Kraft kommt“. Bei einem Vortrag im Christlichen Gästezentrum Schönblick bekannte Merkel 2013: „Ich muss auch das Gespräch mit Gott suchen, um zu prüfen, ob das, was ich überlegt habe, richtig ist“. Die christliche Gemeinschaft ihrer Kindheit sei eine „lebensprägende Erfahrung“.
Konfirmation und FDJ-Mitgliedschaft
Geboren wurde Angela Dorothea Kasner am 17. Juli 1954 im Hamburger Stadtteil Barmbek. Noch im selben Jahr trat ihr Vater Horst Kasner eine Pfarrstelle in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg an. Dort kümmerte er sich um den Aufbau einer innerkirchlichen Weiterbildungsstelle. Merkel nahm als junges Mädchen nicht an der in der DDR üblichen Jugendweihe teil, sondern ließ sich 1970 konfirmieren. Mitglied in der Pionierorganisation Ernst Thälmann und später der Freien Deutschen Jugend (FDJ) war sie trotzdem.Nach dem Abitur, das Merkel mit der Note 1,0 abschloss, entschied sie sich für ein Physik-Studium in Leipzig. Dort lernte sie ihren ersten Mann, Ulrich Merkel, kennen. Anschließend arbeitete die spätere Bundeskanzlerin an der Akademie der Wissenschaften der DDR und erwarb dort 1986 ihren Doktortitel. Sie war bis zum Ende der DDR nie Mitglied der SED oder einer der Oppositions-Bewegungen. Erst ab November 1989 arbeitete sie im neu gegründeten Demokratischen Aufbruch (DA) mit, ab Februar 1990 sogar hauptberuflich in der Geschäftsstelle. Im DDR-System habe sie mitgespielt, um nicht unterzugehen, meint Journalist Resing.
Für den Demokratischen Aufbruch endete die erste freie Volkskammerwahl mit einer herben Schlappe. Gemeinsam mit dem Bündnispartner Ost-CDU gewann der Demokratische Aufbruch trotzdem die Wahl. In der Regierung des einzigen DDR-Regierungschefs Lothar de Maizière wurde Merkel stellvertretende Regierungssprecherin. Im Zuge der Wiedervereinigung nahm sie an vielen politisch relevanten Gesprächen teil. Nach der Wiedervereinigung war sie zunächst im Bundespresse- und Informationsamt. Helmut Kohl holte sie 1990 als Gewinner der ersten gesamtdeutschen Wahlen als Ministerin in sein Kabinett, wo sie das Ressort Frauen und Jugend verantwortete.
„Kohls Mädchen“
Durch den schnellen Aufstieg galt sie als „Kohls Mädchen“. Sie wurde stellvertretende Vorsitzende der Bundespartei und war von 1992 bis 1993 auch Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der Union. Dennoch schreibt Resing über die Pfarrerstochter, dass die Kanzlerin für viele Menschen sogar ein Indiz dafür sei, dass das C in der Partei verblasse.
Im Juni 1993 wurde sie CDU-Landesvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern und begann sich in ihrer Partei interne Hausmacht aufzubauen. 1994 trat sie die Nachfolge von Klaus Töpfer als Bundesumweltministerin an. Nach der Wahlniederlage der Union 1998 begann der Stern von Helmut Kohl zu sinken. Der neue CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble machte Merkel zu seiner Generalsekretärin.
Durch die Spendenaffäre in der CDU geriet Helmut Kohl in die Kritik. Als Bundeskanzler hatte er mit einer illegalen Spendenpraxis die Parteikassen gefüllt. Weil Kohl sich weigerte, Geldgeber zu nennen, distanzierte sich die Partei von ihm und er legte seinen Ehrenvorsitz nieder. Nachdem auch Wolfgang Schäuble über den Spendenskandal stolperte, wählte die Partei Merkel am 10. April 2000 zu ihrer Vorsitzenden. 2002 galt sie schon als potenzielle Kanzlerkandidatin, verzichtete aber zugunsten Edmund Stoibers.
Am Ziel angekommen: Kanzlerin
Nach der verlorenen Wahl 2002 entmachtete sie den bisherigen Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz und führte die Opposition gegen Bundeskanzler Gerhard Schröder an. Zwei Jahre später setzte sie gegen andere Strömungen ihren Kandidaten als Bundespräsidenten durch, Horst Köhler. Bei der vorgezogenen Neuwahl 2005 trat Merkel als Kanzlerkandidatin der Union an. Die Union wurde knapp die größte Fraktion, uns so begann Merkel mit der Regierungsbildung, an deren Ende eine Große Koalition stand. Am 22. November 2005 wurde Angela Merkel zur ersten Bundeskanzlerin gewählt, die zugleich mit 51 Jahren die jüngste Amtsinhaberin war. 2013 schaffte der zwischenzeitliche Koalitionspartner FDP nicht den Einzug in den Deutschen Bundestag. Seitdem regiert Merkel wieder in einer Großen Koalition.
Als erstes Regierungsoberhaupt weltweit wendet sie sich seit 2006 regelmäßig in einem Video-Podcast an die Öffentlichkeit, um Bürgern ihre Politik zu vermitteln. Wiederholt äußerte sie sich in ihrer Kanzlerschaft zu Glaubensfragen: Es sei wichtig, den Glauben gegenseitig zu achten und Menschen nicht wegen ihres Glaubens zu verfolgen oder zu diskriminieren. Der Glaube stifte Vertrauen und Zuversicht, neue Herausforderungen zu bewältigen. Die Kirche habe den wichtigen Auftrag, Werte zu leben und zu vermitteln. Die Gesellschaft lebe auf einem Fundament, das ohne Christentum nicht denkbar wäre, sagte sie bei ihrem Auftritt im Gästezentrum Schönblick 2013. Ohne die Kirche und den christlichen Glauben seien die Voraussetzungen nicht da, von denen der freiheitliche säkularisierte Staat lebe. „Es ist in unserem Interesse, starke Kirchen zu haben.“ Die Bibel allein sei aber kein Handbuch für die Gestaltung von Politik, „wir müssen ja in der Welt von heute leben. Da haben sich die Zeiten verändert.“
Am Herzen liege ihr auch der besondere Schutz der Ehe, ohne andere Lebensformen zu diskriminieren. Merkel spricht sich außerdem dafür aus, dass an Schulen weiterhin bekenntnisorientierter Religionsunterricht angeboten werden soll. Deswegen habe sich ihre Partei dazu entschlossen, auch islamischen Unterricht an Schulen einzuführen. „Manchmal fürchten wir uns davor, mit anderen ins Gespräch zu kommen. Ich glaube, das liegt daran, dass wir über unseren eigenen Glauben gar nicht viel sagen können.“ Es sei entscheidend, etwas über Gott und „Jesus sagen zu können und darüber, was es mir bedeutet. Das ist die Grundlage für interreligiösen Dialog.“ Erst daraus könne Toleranz entstehen.
Mit einem sachlichen Regierungsstil und Beharrlichkeit wurde Merkel bis heute eine der mächtigsten Frauen der Welt. Kritik erntete sie, als sie im September 2007 den Dalai Lama trotz angespannter Lage zwischen China und Tibet im Kanzleramt empfing. Während ihrer EU-Ratspräsidentschaft drängte Merkel darauf, den Bezug auf Gott und den christlichen Glauben in der EU-Verfassung zu verankern, konnte sich aber mit ihrer Meinung nicht durchsetzen.
Außenpolitisch verteidigte die amtierende Bundeskanzlerin das Engagement der NATO im Kosovokrieg 1999 als „ultima ratio“. Durch den Einsatz von Gewalt gelte es noch „größeres Leid“ zu verhindern. 2008 durfte sie als erste ausländische Regierungschefin überhaupt eine Rede vor dem israelischen Parlament halten. Dort betonte sie die historische Verantwortung Deutschlands für Israel. Im Syrien-Konflikt votierte die Kanzlerin gegen einen Militärschlag, um eine einheitliche Lösung in der EU zu finden.In der Debatte um die religiöse Beschneidung bezog die Kanzlerin 2012 klar Stellung: „Ich will nicht, dass Deutschland das einzige Land auf der Welt ist, in dem Juden nicht ihre Riten ausüben können. Wir machen uns ja sonst zur Komikernation.“ Die Entscheidung für eine Liberalisierung der Gesetze zur Stammzellenforschung habe sie sich nicht leicht gemacht, sagte Merkel 2009. Im Interview mit dem Christlichen Medienmagazin pro betonte sie, dass das C im Parteinamen für einen Anspruch stehe, „der unser Fundament für die operative Politik ausmacht. Wir fühlen uns dem christlichen Menschenbild verpflichtet“. Menschen seien Geschöpfe Gottes, die sich gleichzeitig in Freiheit und in Verantwortung entfalten können. Der Staat habe für die Rahmenbedingungen zu sorgen.
Gottvertrauen gerade für schwierige Zeiten
Von Christen wünschte sich die Kanzlerin ein Gottvertrauen, „mit dem sie auch in schwierigen Situationen des Lebens durch die Kraft des Glaubens nach vorne schauen können“. Ihre Partei wolle eine Heimat für Christen der verschiedenen Konfessionen sein. Im pro-Interview wünschte sie sich, dass die Politik Müttern und Vätern Mut mache: „Und wir sollten die Leistung der Erziehung von Kindern stärker würdigen.“ Die Familie als Keimzelle der Gesellschaft gelte es zu schützen. In einem Interview im Schlussteil des Buches „Angela Merkel: Daran glaube ich“ beantwortet sie die Frage nach ihrem Glauben: „Ich bin Mitglied der evangelischen Kirche. Ich glaube an Gott, und die Religion ist auch mein ständiger Begleiter – eigentlich in meinem ganzen Leben – gewesen.“
Heute ist sie in zweiter Ehe mit dem Chemie-Professor Joachim Sauer verheiratet.
Kritiker merken an, dass der Machtmensch Merkel alle Menschen fallen ließ, die ihr zu mächtig oder politisch gefährlich wurden. Ihre Befürworter preisen ihre Besonnenheit und das von ihr Geleistete: vor allem in Zeiten der Banken- und Wirtschaftskrise. (pro)
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