Der Verein Weißes Kreuz will nach eigener Aussage sexualethische Werte vermitteln, die auf dem biblische Menschenbild begründet sind. Vom 22. bis zum 24. Mai 2014 sind „engagierte Gemeindemitglieder, Ehepaare, Lehrkräfte und Berater/innen“ zum Kongress Sexualethik und Seelsorge nach Kassel eingeladen.
Wie der Hessische Rundfunk berichtet, formierte sich bereits im Vorfeld Kritik am Kongress. Grund dafür seien vor allem zwei der 38 Referenten: Christl Ruth Vonholdt vom Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft (DIJG) und Markus Hoffmann, Vorsitzender des Vereins „Wüstenstrom“. Über beide heißt es, sie propagierten eine Konversionstherapie, was bedeutet, sie betrachteten Homosexualität als Krankheit, die man heilen könne. Bereits im Jahr 2009 gab es Proteste und Demonstrationen gegen einen Psychologenkongress in Marburg, bei dem Vonholdt und Hoffmann zu den Referenten gehörten.
Vonholdt und Hoffmann lehnen den Begriff der Konversionstherapie strikt ab und erklären, es gehe nicht darum, die sexuelle Anziehung eines Menschen auf direktem Wege zu beeinflussen. Hoffmann distanzierte sich von Konversionstherapie, wie sie in den 60er und 70er Jahren unter Einsatz von Elektroschocks und Brechmitteln durchgeführt worden seien. „Jeder Mensch hat das Recht, eine homosexuelle Identität anzunehmen und homosexuell zu leben“, erklärte Vonholdt auf der Webseite ihres Instituts. Allerdings, so argumentieren beide, gebe es Menschen, die unter ihrer sexuellen Identität litten und diese als Konflikt wahrnehmen würden. Es sei daher legitim, Menschen zu helfen, die sich mit ihren homosexuellen Empfindungen nicht abfinden möchten, so die Leiterin des DIJG.
In Kassel hat sich Widerstand gegen den Kongress geregt. Die Kasseler Stadtverordnetenversammlung betonte in einer Resolution, die von allen Parteien außer der CDU getragen wird, dass „in Kassel solche Gesinnungen unerwünscht sind“. Ein Aktionsbündnis plant am Freitag eine Demonstration in der Kasseler Innenstadt sowie eine Kundgebung am Samstag vor dem Veranstaltungsort des Kongresses.
Der lesben- und schwulenpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Hessischen Landtag, Kai Klose, warnte bereits im April vor dem Kongress. Dass den beiden Therapeuten in Kassel ermöglicht wird, Seminare zum Thema „Sexuelle Identitätsstörungen“ durchzuführen, sei „in hohem Maße Besorgnis erregend“, teilte Klose mit, der an den Demonstrationen teilnehmen will.