pro stellt die religionspolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen vor. Für Teil zwei unserer Serie haben wir Franz Josef Jung (CDU) getroffen, der einst die Truppen der Republik inspizierte.
Von PRO
Foto: pro
Franz Josef Jung will sich vor allem gegen Christenverfolgung stark machen
Es ist egal, was Franz Josef Jung in seiner politischen Laufbahn noch tut – er bleibt für immer Verteidigungsminister. Von 2005 bis 2009 war er der oberste Befehlshaber der Bundeswehr, reiste durch die Welt, besuchte die Soldaten in Krisengebieten, inspizierte die Truppen. Dann kam Kunduz. Bei dem von einem Bundeswehr-Kommandeur angeordneten Luftangriff auf zwei von Taliban entführten Tanklastwagen starben im September 2009 Dutzende Menschen, darunter Kinder. Jung musste dafür die Verantwortung tragen, auch, weil man ihm vorwarf, die Öffentlichkeit zu spät und unvollständig informiert zu haben. Am 27. November erklärte der Hesse, mittlerweile hatte ihn die Kanzlerin zum Arbeitsminister ernannt, nach 33 Tagen im neuen Amt seinen Rücktritt. Es ist diese Geschichte, die ihn immer verfolgen wird.
Nun ist Jung religionspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Es erscheint ungewöhnlich, dass ein ehemaliger Minister, zudem einer der Verteidigung, dieses Amt übernimmt, pflegen die Kirchen doch eine gewisse Distanz zu allem Militärischen. Doch Jung ist auch engagierter Katholik. In seiner Jugend im Rheingau war er Messdiener und Jungscharführer, noch heute teilt er in seiner Kirche die Kommunion aus. Er versuche, regelmäßig donnerstags um 7.30 Uhr den Gottesdienst seiner Fraktion zu besuchen, wenn es der politische Betrieb zulasse, sagt er im Gespräch mit pro. Aus seinem Mitarbeiterkreis heißt es, das sei bei weitem untertrieben, er habe diese Veranstaltung noch nie versäumt. Zudem ist Jung in diversen christlichen Organisationen innerhalb der Union engagiert, etwa im Kardinal-Höffner- oder dem Stephanus-Kreis.
Märtyrertum gibt es millionenfach noch heute
Während sich seine Amtskollegen der anderen Fraktionen bereits religionspolitisch in Stellung bringen und etwa das kirchliche Arbeitsrecht überarbeitet sehen wollen, orientiert sich Jung noch. Ansprech- und Gesprächspartner für Gemeinden und Religionsgemeinschaften wolle er sein und auch Vermittler von Glaubensthemen innerhalb der Fraktion. Nach einigem Nachdenken fällt ihm dann doch ein politischer Inhalt ein, den er an das neue Amt knüpft: „Wenn 100 Millionen Menschen unter Verfolgung leiden, kann uns das nicht ruhig lassen“, sagt er und spricht damit von der weltweiten Christenverfolgung. Besonders besorgt ist er über die Entwicklungen in Syrien, Ägypten oder Nordkorea. „Märtyrertum hat nicht nur im alten Rom stattgefunden, sondern das gibt es millionenfach auch heute.“
Die Lage in Nordkorea habe ihn schon als Verteidigungsminister beschäftigt. Da ist er wieder, der Verteidigungsminister im Gewand des Religionspolitikers. So weit lägen diese beiden Sphären gar nicht auseinander, sagt er und erklärt, wie sehr ihm seine alte Position gefallen habe und singt ein Loblied auf die Militärseelsorge. „Wenn sich die Frage von Leben und Tod unmittelbar stellt, wenden sich viele dem Glauben zu“, sagt er. Jung habe des Öfteren erlebt, wie sich Soldaten im Ausland taufen ließen. Margot Käßmanns „Nichts ist gut in Afghanistan“ lässt ihn hingegen säuerlich werden. „Frau Käßmann war nicht in Afghanistan, wenn ich mich recht erinnere. Wir haben die Menschen dort von dem Terrorregime der Taliban befreit“, verteidigt er die Soldaten. Schützen wollte er die Bundeswehr auch mit seinem damaligen Rücktritt, von Reue keine Spur: „Ich habe auch in schwierigen Situationen an der Seite meiner Soldaten gestanden. Ich wollte sie aus dem Schussfeld nehmen. Was die Sache angeht, bin ich innerlich mit mir im Reinen“, sagt er über die Kunduz-Affäre.
Innerer Halt bei Gott
Es war nicht der einzige Rücktritt in Jungs Karriere. Schon im Jahr 2000 musste er seinem Amt als Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und als Chef der Hessischen Staatskanzlei im Zuge der CDU-Spendenaffäre entsagen. Er sei ein Bauernopfer für den Ministerpräsidenten Roland Koch gewesen, erklärten danach viele. In Jungs neuem Büro hat der ehemalige Chef dennoch seinen Platz. Ein Foto zeigt Jung und Koch feixend nebeneinander. „In der Politik spielen oft Dinge eine Rolle, die mit eigener Schuld nichts zu tun haben“, sagt er rückblickend. Damit müsse man sich abfinden. Er schaue nicht bitter zurück: „Wenn man einen Bezug zu Gott hat, kann das in schwierigen Situationen einen inneren Halt geben. Diejenigen, die diesen Halt nicht finden, kann man eigentlich nur bedauern.“ (pro)
In der pro-Serie Religionspolitiker erschien bereits ein Porträt über Kerstin Griese. Am Montag folgt ein Beitrag über Christine Buchholz.
Dieser Artikel ist zuerst in der Ausgabe 2/2014 des Christlichen Medienmagazins pro erschienen. pro können Sie kostenlos bestellen, unter der Telefonnummer 06441/915151, via E-Mail an info@pro-medienmagazin.de oder online.
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