Gewollt und nicht gekonnt

Der christliche Glaube spielt seit der Gründung der Bundesrepublik eine bedeutende Rolle in der Politik. Nur heute nicht mehr, findet Gerd Held von der Tageszeitung Die Welt.
Von PRO
Die Christdemokratie versinke im Untergrund, findet Welt-Journalist Gerd Held
Die Christdemokratie habe einst als Grundbaustein der deutschen und europäischen Nachkriegsordnung gegolten, schreibt der Journalist Gerd Held in der aktuellen Ausgabe der Welt. So sei das Christentum nach 1945, aber auch nach 1989 wichtig gewesen, um eine neue politische Ordnung zu finden. Das christlich-demokratische Element habe nämlich für ordnungspolitische Kraft gestanden. Heute jedoch sei die Rolle der Christdemokratie fragwürdig. Weitestgehend hätten christlich-demokratische Parteien an Bedeutung verloren. „Und dort, wo sie an der Regierung sind und höchste Staatsämter bekleiden wie in Deutschland, bleibt unklar, worin der christliche Beitrag eigentlich besteht“, schreibt Held.

Sondergruppen statt Normalbetrieb

„Die Politik hat es verlernt, aus dem christlichen Motiv heraus die Gesamtordnung des Landes zu gestalten“, findet Held. Wenn sich Regierende nur noch um Sondergruppen kümmerten und den „Normalbetrieb“ nicht mehr im Blick hätten, verliere die christliche Politik mehr, als dass sie gewinne. „Wenn nämlich vom ‚christlichen Menschenbild‘ die Rede ist und dies dann in die politische Formel übersetzt wird, dass ‚es den Menschen besser gehen soll‘, ist man schnell bei der aktuellen großen Koalition der sozialen Zuwendungen angelangt“, erklärt der Publizist. „Es geht um eine originär christlich-demokratische Fehlentwicklung: Das christliche Motiv wird darauf verkürzt, ein bestimmtes Menschenbild zu liefern. Und es handelt sich wirklich um eine Verkürzung des religiösen Elements.“

Markenzeichen des Christentums

Die „großen Erzählungen‘ des Christentums gingen jedoch weit über ein Menschenbild hinaus. Gerade die Geschichten um die Schöpfung, die Vertreibung aus dem Paradies oder von Jesus verwiesen den Menschen auf die Welt und trugen ihm auf, dort zu wirken. „Keine andere Religion enthält diese Blickrichtung so deutlich. Keine bildet ein so starkes Motiv für die Menschen, den Ort, an den sie gestellt sind, zu lieben, und die Gaben, die sie erhalten haben, weiterzuentwickeln. Das ist das Markenzeichen des Christentums.“ Die Übertragung dieses Motivs auf die Politik sei nicht leicht, findet Held. „Die Übersetzung von Christentum in Politik erfordert also einen Sprung von den Höhen des Glaubens zu den säkularen Höhen der modernen Welt. Das christliche Motiv kann nur wirken, wenn die Menschen sich auf die Restriktionen politischer, wirtschaftlicher und kultureller Institutionen einlassen.“ (pro)
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