Kinofilm zum populärsten Weihnachtslied

Für den jungen katholischen Priester Joseph Mohr ist es ein Wechselbad der Gefühle. Er möchte seine Kirche verändern und setzt dabei auf die Musik. Ein Ergebnis seines Schaffens ist das Weihnachtslied „Stille Nacht“. Ein Film über dessen Entstehung kommt am Donnerstag in die Kinos. Eine Filmkritik von Johannes Weil
Von PRO
Der kranke Johannes wird zu einem wichtigen Wegbegleiter für Priester Mohr

Mohr plagen Zweifel, ob er als Priester überhaupt den richtigen Beruf gewählt hat. Im Frühjahr 1818 tritt er seine erste Pfarrstelle in der Nähe von Salzburg an. Dort stößt er nicht nur an Grenzen, sondern wird auch so mancher Illusion beraubt. Nicht Hoffnung und Mitgefühl, sondern die Macht steht im Fokus seiner Kirche. Mohr zweifelt an seiner eigenen Frömmigkeit, ist aber überzeugt, dass Musik die himmlische Sprache der Hoffnung ist und nicht Latein. Menschen sollen Gottes Wort hören und verstehen können.
Beseelt von diesem Wunsch gründet er mit dem Organisten Franz Gruber, der ihm zum Freund wird, einen Kirchenchor. Der Priester möchte so Menschen erreichen, die bisher nicht in die Kirche gehen. Seinem Vorgesetzten, Pfarrer Nöstler, sind die moderne Musik und die deutsche Sprache ein Dorn im Auge.

Stets der Welt zugewandt

Mohr hält an der Musik fest. Der kleine Johannes ist der erste, dem er am Krankenbett den selbst gedichteten Text „Stille Nacht“ vorliest. Priester Joseph Mohr verkörpert im Gemeindealltag das, was Pfarrer Nöstler fehlt. Der sieht in den Menschen Abschaum und hat eine sehr zynische Sicht auf das Leben. Mohr überschreitet die Grenzen der damaligen Zeit, indem er im Gottesdienst deutsche Lieder singt und eine Frau in den Kirchenchor aufnimmt. Mit seinem Ziel, Menschen Hoffnung in ihrer einfachen Sprache zu vermitteln, stößt er an persönliche Grenzen. Er gefährdet seine eigene Stellung und die seines Freundes Franz Gruber. Die Freundschaft wird auf die Probe gestellt.

Noch am richtigen Platz?

Als dann noch die Orgel kaputt geht, ein wichtiger Mensch in Mohrs Umfeld stirbt und die Ziele der Gemeinde zu verschwimmen drohen, gerät der Priester in eine Krise. Er wünscht sich, dass Gottes Wort die Menschen berührt, doch die Kirchenoberen tragen zum Gegenteil bei.
Mohr muss persönliche Rückschläge hinnehmen, lernt aber auch Vergebung zu schätzen. Die innerkirchlichen Dispute nehmen den Pfarrer nicht nur seelisch, sondern auch körperlich mit. Wichtige Vertraute geben ihm Hoffnung und animieren ihn, zu bleiben. Kurz vor Weihnachten werden ihm die wichtigsten Kernpunkte der christlichen Botschaft neu klar. In der voll besetzten Kirche singt er in der Christmette das Lied „Stille Nacht“ auf Deutsch. Er predigt damit das, wozu er berufen ist. Die Geburt des Erlösers und die Hoffnung auf Gnade – mit Musik und in verständlicher Sprache.
Joseph Mohr wird im folgenden Jahr versetzt. Er hat nicht nur in seiner Gemeinde, sondern weltweit Spuren hinterlassen. Sein ganzes Leben kümmerte er sich um die Armen und Bedürftigen. 1848 stirbt er als armer Landpfarrer, ohne etwas vom Ruhm seine Liedes mitbekommen zu haben.
Der Film „Stille Nacht“ gibt einen gelungenen Einblick in die Entstehung des gleichnamigen Weihnachtsliedes. Der Drehbuchautor und Produzent Christian Vuissa zeigt, wie sehr der Text seinen Komponisten beschäftigt und wie er gegen die damaligen kirchlichen Hierarchien rebelliert. Auch wenn vieles in der Handlung vorhersehbar ist, so bietet der Film doch einen Einblick in die Kirche der damaligen (und vielleicht auch heutigen) Zeit. Weil er stark mit Emotionen spielt, könnte er es trotzdem zum Weihnachtsklassiker schaffen. Für den Komponisten jedenfalls stand immer die Frage nach der Gerechtigkeit Gottes und die Hoffnung auf seine Gnade im Mittelpunkt. (pro)

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