Kauder freute sich, dass es gelungen sei, die Menschen zu diesem Thema zusammenzuführen. Die Freude darüber vermische sich aber mit der Enttäuschung, dass das Thema nach wie vor brisant sei. In mehr als 100 Staaten der Welt würden nach wie vor Christen verfolgt.
Der CDU-Politiker verwies auf das Paulus-Wort aus dem Galater-Brief (5,13), dass die Christen zur Freiheit berufen sind – und „nicht zur Gängelung“: „Diese Freiheit immer wieder einzufordern, ist ein zentrales Thema.“ Glaube- und Gewissensfreiheit sei das bedeutendste Recht, was es gebe, erklärte Kauder. Allerdings sei die fehlende Religionsfreiheit traurige Realität. Wer für Homosexuelle eintrete, habe keine Probleme. Für das Eintreten für verfolgte Christen hingegen müsse er sich immer wieder rechtfertigen. Aktuell fordere die Christen weltweit nichts mehr heraus als das Recht auf Religionswechsel.
Zwei öffentliche Anhörungen im Bundestag
Seine Fraktion habe das Thema durch zwei öffentliche Anhörungen im Deutschen Bundestag publik gemacht. „Wir sind dem biblischen Auftrag nachgekommen, Sauerteig im politischen Alltag zu sein.“ Deutschland habe das erste Mal in seiner Geschichte an einem Umsiedlungsprogramm der Vereinten Nationen teilgenommen und im Zuge dessen 5.000 Menschen aus Syrien aufgenommen. „Gleichzeitig dürfen wir nicht den Exodus von Christen fördern, sodass es zu christenfreien Zonen kommt“, schränkte Kauder ein.
Bundeskanzlerin Angela Merkel habe das Thema auf der EKD-Synode angesprochen, die jetzt endlich reagiert habe: „Christenverfolgung muss nicht nur ein Thema von Open Doors sein, sondern kann auch eines der evangelischen Landeskirche sein“, forderte der Protestant Kauder. Diskriminiert, verfolgt und getötet würden allerdings längst nicht nur Christen, sondern auch Anhänger anderer Religionen. „Wir dürfen keine Religionsverfolgung zulassen. Es gibt Menschen, die für sich dieses Recht beanspruchen, aber es für andere einschränken.“
Religion nicht aus der Öffentlichkeit verbannen
„Zudem dürfen wir Religion nicht aus der Öffentlichkeit verbannen.“ Konversionen, also das Wechseln der Glaubenszugehörigkeit, zuzulassen sei die Nagelprobe der Religionsfreiheit: „Wer die Konversion nicht zulässt, ist sich seiner Sache auch nicht sicher“, führte Kauder fort. Es könne nicht sein, sich über Islamophobie zu beklagen, aber auf der anderen Seite einen Absolutheitsanspruch geltend zu machen. Für die Zukunft gelte es, für die eigenen Überzeugungen zu werben: „Wir werden nicht ruhig sein, dies einzufordern und unbequeme Wahrheiten auszusprechen.“
In Bezug auf Christenverfolgung stellten Berichte aus Nordkorea alles in den Schatten, was es an Brutalität gibt. Eritrea, Weißrussland und China seien weitere Beispiele für Länder, wo es noch viel Handlungsbedarf gebe. Deutliche Kritik übte Kauder auch am türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan, der einiges wohl bewusst falsch verstehe: „Europa ist mehr als ein Europa der Währung. Wir sind eine Wertegemeinschaft. Wer sich dem Wertesystem nicht verpflichtet fühlt, der ist weit entfernt von dem Europa, wie wir es verstehen“, sagte Kauder unter starkem Applaus. Er forderte die Kongressteilnehmer auf, weiter beständig für die verfolgten Christen zu beten. Der Unionsfraktionschef sagte zu, dass das Thema Christenverfolgung auch in der neuen Koalitionsvereinbarung ein wichtiger Bestandteil sei.
Ausübung des Glaubens nicht ohne Gängelung
Idea-Chefredakteur Helmut Matthies verwies bei der Kongresseröffnung darauf, dass die freie Ausübung ihres Glaubens vielen Menschen nicht ohne Gängelung gestattet ist. Trotz vieler Bedrohungen dürfe man nicht vergessen, dass Gott in der jüngsten Geschichte mit der deutschen Wiedervereinigung auch Positives bewirkt hat. Beim Thema Christenverfolgung habe Deutschland lange warten müssen, bis ein wichtiger Politiker dieses Thema auf die politische Agenda gesetzt habe: „Damit wurde ein jahrzehntelanges Tabu gebrochen.“ Als Lichtblick bezeichnete Matthies auch den Kongress mit seinen 30 Kooperationspartnern und mehr als 500 Besuchern. Er dankte Schönblick-Seminarleiter Kuno Kallnbach, dass er authentische Zeugen für den Kongress gefunden habe.
Der Chef des Christlichen Gästezentrums Schönblick, Martin Scheuermann, betonte in seiner Begrüßung, dass die Kirche Jesu Christi seit ihrem Beginn bis heute Bedrängnissen und Verfolgungen ausgesetzt war und ist. Zugleich stehe sie unter der Zusage des Herrn, dass er seine Gemeinde durch Verfolgungen und Repressalien hindurch vollenden wird. Der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, Richard Arnold, unterstrich, dass die Christen die weltweit am meisten verfolgte religiöse Gruppe sind. Christen informierten bei dem Kongress aus erster Hand über die Repressalien. Auch seine Stadt verfüge über eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge, in denen er intensive Begegnungen mit Flüchtlingen erlebt habe, die sich zum christlichen Glauben bekennen. (pro)