Erwin Teufel: „Vertrauen ist wichtigste Ressource“
„Das Maß der Wirtschaft ist der Menschen.“ Das sagte Erwin Teufel, ehemaliger Ministerpräsident von Baden-Württemberg, am Samstag bei der Tagung „Wirtschaftskrisen und der Vertrauensverlust in der Wirtschaft und Politik“ in Bad Liebenzell.
Von PRO
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Der ehemalige Ministerpräsident Teufel sieht zwischen Wirtschaft und Ethik keinen Gegensatz
Teufel betonte bei seinem Vortrag unter dem Thema „Ethik in der Wirtschaft“, Führungskräfte benötigten mehr als nur Fachwissen, sie bräuchten auch Oriertierungswissen. „Ethik ist Orientierungswissen. Das Orientierungswissen muss handlungsleitend werden.“ Er sagte weiter: „Viele Menschen sehen einen Gegensatz zwischen Wirtschaft und Ethik als Gegensätze. Sie sehen Wirtschaft als einen knallharten Wettbewerb. Für sie geht es nur um eigenes Interesse.“ Der Politiker sehe jedoch „überhaupt keinen Gegensatz zwischen Wirtschaft und Ethik. Gutes Wirtschaften ist ein sittlicher Wert.“ Wirtschaftlicher Erfolg sei das Ergebnis ethischen Handelns.
Vertrauen verloren, alles verloren
„Vertrauen ist die wichtigste Ressource von Menschen untereinander“, sagte der Politiker in der Internationalen Hochschule Liebenzell. Er führte den Begriff des „ehrbaren Kaufmanns“ an. Dieser rate und berate jeden ehrlich, er jubele niemandem etwas unter oder verschweige absichtlich einen Fakt. Der Kaufmannsgrundsatz „Vertrauen verloren, alles verloren“ gelte in der Wirtschaft, aber auch im persönlichen Umgang, in der Ehe oder in der Schule. „Vertrauen ist wie Kapital und davon kann man zehren“, das stimme auch in der Beziehung mit Kunden oder Zulieferern, führte Teufel an.
Auch die soziale Marktwirtschaft stehe nicht der Ethik gegenüber, sie sei viel mehr „das Ergebnis des Denkens und ethischen Handelns“. In der heutigen pluralen Gesellschaft gelte nach wie vor, dass jeder sich selbst und anderen gegenüber verpflichtet ist, vernünftig und ethisch zu handeln. Dafür listete der Politiker Handlungsmaxime auf wie „Keiner steht über dem Gesetz“ oder „Jeder ist frei. Es gibt aber keine Freiheit ohne Verantwortung.“ Zweites unterstrich er mit den Beispielen: Ein Mensch habe die freie Entscheidung, ob er heiratet. Wenn aber eine Ehe geschlossen werde, dann müsse er die Verantwortung für die Ehe und mögliche Kinder tragen. Jeder habe zudem das Recht auf soziale Sicherheit, trage aber auch die Verantwortung, dieses soziale Sicherungssystem zu unterstützen, soweit er kann. Teufel sagte, Verantwortung sei zum einen Eigenverantwortung gegenüber seines eigenen Gewissens, zum anderen gegenüber anderen. Der Politiker hob das Bibelwort aus Matthäus hervor: „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch.“ Dazu sagte Teufel: „Wenn sich daran alle Menschen halten würden, wenn wir das als Maxime durchsetzen können, ich glaube es wäre unglaublich viel für Frieden, ein gutes Miteinander, für die Wirtschaft getan.“
“Vertragsbruch führte zu Eurokrise“
Die Eurokrise sei keine direkte ethische Frage. Auch hier gelte aber das Prinzip „Pacta sunt servanda“ – Verträge sind einzuhalten. Für die Währungsunion hätten die Staats- und Regierungschef klare Regeln geschaffen: Ein Land der Eurozone darf sich nicht mehr als drei Prozent seines Bruttosozialproduktes verschulden. Das habe sowohl Deutschland als auch Frankreich ohne Sanktionen getan. Die Gesamtverschuldung dürfe nicht höher als 60 Prozent des Bruttosozialproduktes sein. Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) müsse gewährt werden. Die EZB kaufe aber Staatsanleihen auf und finanziert damit Mitgliedsstaaten. Außerdem dürfe laut Währungsunionsvertrag kein Staat in Haftung gehen für einen anderen Staat. „Das wurde aber mit Athen gebrochen“, sagte Teufel. Der ehemalige Ministerpräsident geht davon aus, wären die Verträge eingehalten worden, dann wäre es zu keiner Währungskrise gekommen.
Die Menschen könnten erst wieder Vertrauen zu den Politikern aufbauen, wenn diese „zu den Verträgen zurückkehren“. Die soziale Marktwirtschaft bezeichnete Teufel als „nicht die Ursache der Krise, sie ist die Lösung“. Zudem solle eine Kontrolle zentral geregelt sein: „Wenn man eine europäische Währung hat, müssen die Überwachungskritierien auf eine europäische Ebene gehen.“
Wohl des Unternehmens an erster Stelle, wenn Allgemeinwohl bedacht
Weitere Maxime neben dem „ethischen Imperativ“ „Verträge sind einzuhalten“, der für das wirtschaftliche und soziale Leben gelten solle, seien keine Bestechung und kein Betrug oder keine Ausbeutung der Arbeitnehmer. Hier bedauerte Teufel, dass die „Generation Praktikum“, junge, ins Berufsleben startende Menschen, für ihre Arbeit oft nicht bezahlt werden würden. Der Mensch dürfe zudem nicht alles tun, was er tun vermag. „Unser Vermögen zu handeln, ist größer, als was wir tun können. Naturwissenschaft und Technik können keine Werte formen.“
„Jeder Arbeitgeber darf das Wohl seines Unternehmens als erste Priorität sehen, aber er muss auch an das Allgemeinwohl denken“, sagte Teufel. Arbeitgeber sollten Ausbildungsplätze schaffen, Steuern bezahlen, Schwerbehinderte beschäftigen. Sie sollten auch an das Wohl kommender Generationen denken und das Erlernte, Erreichte weitergeben. „Langfristiges Denken steht vor kurzfristigem Denken. Die Bewahrung der Schöpfung und Umwelt ist wichtig und wir dürfen nicht auf Kosten der kommenden Generationen leben.“Bei der Tagung „Wirtschaftskrisen und der Vertrauensverlust in der Wirtschaft und Politik – Ist das Vertrauen mit christlichem Ethos wieder zu gewinnen?“ zwischen dem 7. und 10. November sprachen unter anderen auch Jürgen Müller, der Bundesbankdirektor a.D., und Daniel Hoster, Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Bank. Die Tagung organisierte die Gesellschaft zur Förderung von Wirtschaftswissenschaften und Ethik (GWE) in Zusammenarbeit mit der Studiengemeinschaft Wort und Wissen. Die GWE ist ein Verein, der Forschung und Lehre in den Wirtschaftswissenschaften auf der Grundlage einer auf dem biblischen Welt- und Menschenbild beruhende Ethik fördert.
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