Dramatische Musik, altertümlich wirkende Schrift und Farbe sowie zahlreiche religiöse Symbole: Der animierte Vorspann von „Gods at War“ könnte eine Dokumentation über antike Religionskriege einleiten. Aber in den sechs zwanzigminütigen Kurzfilmen geht es um Kämpfe in einem geistlichen Sinn. Jeder Mensch verehre irgendetwas, sagt der amerikanische Pastor Kyle Idleman in einer Kurzpredigt auf der DVD. Er ist Pastor in einer Gemeinde im US-Bundesstaat Kentucky, die jedes Wochenende über 20.000 Besucher hat. In seinem letzten Filmprojekt „Not a Fan.“ (2012) beschäftigte er sich mit dem Thema Nachfolge.
Wen oder was man verehrt, worauf man vertraut, worin man Trost und Erfüllung sucht, das sei ein Gott – besser gesagt, ein Götze. Macht könne so ein Götze sein, Genuss, Geld, Sex oder auch das eigene Ich. Wem diese oder andere Dinge wichtiger sind als Gott, der diene einem Götzen. Daraus resultiere die Sünde: „Sünde ist die Frucht, die Wurzel ist Götzenverehrung“, erklärt Idleman. Gott sei ein eifersüchtiger Gott, er liebe die Menschen viel zu sehr, „um uns mit anderen Göttern zu teilen.“ Darauf spielt der Titel des Filmprojekts an: Es geht um „Götter“, die um das Herz des Menschen kämpfen. Gott wolle dabei nicht einer von vielen sein. Er stelle sich neben diese falschen Götter und sage: Diese oder ich – entscheide dich, wem du dienen willst.
Erlebnisse mit falschen Göttern und dem wahren Gott
Diese inhaltliche Perspektive wird in „Gods at War“ anhand von verschiedenen Lebensgeschichten illustriert. Die Protagonisten erzählen, wie sie erst einem falschen Gott dienten, bis der Zusammenbruch kam, und dann Gott an die erste Stelle ihres Lebens setzten. So berichtet Paul Jones von seiner Fresssucht – dem Gott des Genusses, wie Idleman es bezeichnet. Jones versuchte, mit Essen seinen Ärger und Frustration zum Schweigen zu bringen. Je mehr Schicksalsschläge er erlebte, desto mehr aß er, bis er irgendwann 200 Kilogramm wog. „Mit Essen im Mund war ich in Ekstase.“ Nach dreizehn Jahren erkannte Jones, dass er seine Probleme Gott anvertrauen konnte und nicht selbst lösen musste. Da verlor das Essen den Reiz für ihn. Er nahm ab, lief Marathons und ist jetzt Fitnessberater in Gemeinden.
Shannon Rants wurde als Kind sexuell missbraucht. Sie sehnte sich danach, ein Junge zu sein, und fühlte sich in ihrer Phantasie zu Frauen hingezogen. Ihre sexuellen Beziehungen befriedigten sie nicht. Sie war der Überzeugung, „ein einziger Fehler zu sein“. Weil sie Hilfe suchte, ging sie zur Seelsorge und erfuhr dort, was Gott von ihr dachte: „Shannon, ich habe dich geschaffen und ich schäme mich nicht dafür. Du bist meine Tochter.“ Sie erzählt, diese Worte seien „wie Balsam auf meiner zutiefst verwundeten Seele“ gewesen.
Neben einem erfolgreichen Geschäftsmann, dessen Leben sich nur um Arbeit und Geld drehte, und einem untreuen Ehemann, der hinter dem Rücken seiner Frau Pornos drehte, kommt auch Charles Colson zu Wort. Als Sohn einer armen europäischen Einwandererfamilie arbeitete er sich in der amerikanischen Armee und Politik nach oben und wurde schließlich engster Berater von Präsident Richard Nixon, genannt der „Vollstrecker des Weißen Hauses“. Er sagt: „Ich glaubte fest an die Kraft des menschlichen Willens. Ich war mein eigener Gott“. Aber innerlich fühlte er eine „unbeschreibliche Leere“. Angesprochen durch das Buch „Pardon, ich bin Christ“ von C. S. Lewis betete Colson während der Watergate-Affäre das erste Mal in seinem Leben. „Ich hatte das Gefühl, dass mir Gott wirklich zuhört. So etwas habe ich noch nie erlebt.“ Im Zuge der Prozesse um Watergate bekannte er sich der Rechtsbeugung schuldig und wurde zu einer Haftstrafe verurteilt. „Aber innerlich war ich frei, weil ich den Götzen der Macht enttrohnt hatte.“
Auf der „hellen Seite der Macht“
Es sind sehr bewegende und interessante Biografien, die hier erzählt werden. Nur sind ein Porno-Produzent, ein Berater des Präsidenten oder ein mehrfacher Millionär von der Lebenswirklichkeit der durchschnittlichen Zuschauer recht weit weg. Während die Protagonisten erzählen, sind sie durch laufende Überblendungen in verschiedenen Einstellungen zu sehen: sitzend, redend, um einen Stuhl herumgehend, nachdenklich schauend, mit verkrampften Händen, mit Tränen in den Augen. Unterlegt sind die Monologe mit dezenter Musik. So entsteht gezielt eine Stimmungslage, die aber selten aufgesetzt, sondern dem Inhalt angemessen erscheint.
Kommentare von Kyle Idleman leiten die Lebensberichte ein und unterbrechen sie auch zwischendurch. Das ist mitunter störend, weil es den Zuschauer aus dem Fluss und dem emotionalen Erlebnis der intensiven Erzählungen herausreißt, die für sich sprechen. Idleman liefert theologische Erklärungen zum Thema und untermauert dies mit biblischen Aussagen. Dabei spricht er die Zuschauer direkt an und bringt die verschiedenen Aspekte des modernen Götzendienstes für sie dadurch auf eine konkrete, persönliche Ebene. Er zwingt sie, sich selbst zu fragen: Wo diene ich falschen Göttern? Das ist genau das Ziel der DVD, kann aber auch ein Gefühl der Schuld hinterlassen.
Während die Protagonisten ihre Lebensgeschichte vor komplett schwarzem Hintergrund erzählen, referiert Idleman auf einer weißen Fläche ohne erkennbare räumliche Dimension. Durch diesen starken optischen Kontrast und den Rollenunterschied wirkt Idlemans Auftritt etwas „von oben herab“ und belehrend, obwohl er stets von „wir“ spricht und sich somit selbst mit einbezieht.
Die DVD ist ergänzt von einem Begleitbuch mit verschiedenen Impulsen und Denkanstößen für das eigene Leben. Über sechs Wochen hinweg kann man sich allein oder mit einer Gruppe mit Aspekten des Götzendienstes und den falschen Göttern Genuss, Liebe, Geld, Macht und dem eigenen Ich befassen. (pro)
Gods at War, SCM Hänssler 2013, 135 Min., FSK 12, 14,95 Euro