Im Lexikon erläutern Experten der jeweiligen Glaubensrichtungen einzelne Begriffe aus Sicht des Christentums und aus Sicht des Islam. So folgt dem Artikel über Abraham, wie Christen ihn auffassen, die islamische Deutung dieser biblischen Figur. Spezifisch christliche Begriffe wie „Kirche“ haben naturgemäß keine islamische Version. Dafür stellt das Lexikon die katholische und protestantische Sichtweise zum Thema Kirche dar. Umgekehrt gibt es keinen christlichen Artikel zum Begriff „Moschee“.
Das vom katholischen Theologen Richard Heinzmann herausgegebene Lexikon ist ein gemeinsames Projekt der 2002 gegründeten Eugen-Biser-Stiftung und der Universität Ankara. Es erscheint beim Herder-Verlag in deutscher Sprache und beim Verlag der Universität Ankara in türkischer Sprache.
Bemühen um Dialog
Der um Dialog und Ausgleich bemühte Charakter des Lexikons zeigt sich etwa in den Artikeln über Gott, denen ein Artikel über „Gott als Vater“ aus christlicher Sicht angefügt ist und erklärt, dass diese Sicht Gottes nicht biologisch, sondern metaphorisch gemeint ist. Der islamische Artikel zu Gott erwähnt mit keinem Wort, dass sich Muslime über die christliche Vorstellung empören, Gott habe „gezeugt“.
Umgekehrt bedeutet der Dialogcharakter auch, dass die Artikel nicht der Ort der Selbstkritik sind. Im Artikel zum islamischen Recht Scharia findet sich kein Wort über die rechtliche Benachteiligung der Frau, zum Beispiel im Zeugen- oder im Scheidungsrecht. Dass „Scharia“ wörtlich „Weg zur Quelle“ heißt, ist zwar ein banaler Fakt, gehört aber in jedes Lexikon.
Abgesehen von diesen Schwächen ist das Werk eine gute Grundlage dafür, sich mit islamischen Vorstellungen zu befassen. Gerade wer sich für die christliche Auffassung bestimmter Probleme wie das Leid in der Welt angesichts der Güte Gottes befasst, wird es spannend finden, was der Islam dazu zu sagen hat. (pro)
Richard Heinzmann: „Lexikon des Dialogs. Grundbegriffe aus Christentum und Islam“, 2 Bände, 966 Seiten, Herder-Verlag, ISBN 9783451306846, 38 Euro