Beate T. ist Humanistin. Den Kirchen wirft sie vor, die Rechte Homosexueller zu verletzen oder in der Beschneidungsdebatte für die Missachtung von Kinderrechten plädiert zu haben. Die Mutter möchte, dass alle Menschen gleich behandelt werden. Deshalb ist sie 2011 in den Humanistischen Verband in Berlin-Brandenburg eingetreten. Deutschlandweit hat ihre Organisation laut dem Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienst 20.000 Mitglieder. Vor zwei Jahren wollte Beate T. im Kreise ihrer Familie den Welthumanistentag feiern. Den begeht die atheistische Bewegung seit 1986 jährlich am 21. Juni. In diesem Jahr fiel das Datum auf einen Dienstag, also schrieb T. der Lehrerin ihres Sohnes Hendrik am Tag zuvor eine E-Mail mit der Nachricht, dass dieser den Unterricht nicht besuchen werde. Obwohl die Lehrerin der Mutter daraufhin erklärte, dass der Junge den Unterricht besuchen müsse, blieb er am 21. Juni zu Hause. Die Folge war ein unentschuldigter Fehltag auf dem nächsten Zeugnis.
Darin sieht Beate T. eine Verletzung des Grundrechts der Freiheit der Weltanschauung und der Gleichbehandlung. Ihr Sohn werde diskriminiert und ihr Erziehungsrecht verletzt, erklärte sie dem Gericht. Geht es nach ihr, soll der Welthumanistentag gehandhabt werden wie zum Beispiel kirchliche Feiertage: Schüler dürfen ohne vorherigen Antrag zu Hause bleiben. So lange das nicht umgesetzt sei, nähmen die Kinder ihre humanistische Überzeugung in der Schule als weniger wertvoll wahr. Zum einen müsse die Schule deshalb den unentschuldigten Fehltag wieder vom Zeugnis ihres Sohnes streichen, zum anderen solle der Welthumanistentag in die Liste der unterrichtsfreien Tage in der Schulverwaltungsvorschrift aufgenommen werden. Das Gericht wies die Klage ab.
Erst Antrag, dann Schulfrei
Der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht Berlin, Uwe Wegener, erklärte schon während der Verhandlung, das Problem eines notwendigen schulfreien Tages stelle sich in den kommenden Jahren nicht, da der 21. Juni bis 2016 entweder auf ein Wochenende oder in die Ferien falle. Zudem werde Hendrik mit seinem 14. Geburtstag in diesem Jahr selbst über seine Weltanschauung entscheiden dürfen und somit auch darüber, ob er überhaupt einen Humanistentag feiern wolle. Eindeutig sprach sich der Richter gegen ein „Selbsthilferecht der Eltern” in diesem Fall aus. Gegen den Willen der Schule könne eine Mutter ihren Sohn nicht vom Unterricht befreien, somit sei der unentschuldigte Fehltag im Zeugnis gerechtfertigt. Wer einen solchen freien Tag erstreiten wolle, könne dies nicht rückwirkend tun. Es müsse ein Antrag gestellt werden. Weise die Schule diesen ab, müsse die Mutter umgehend gerichtliche Schritte einleiten. Wegener verwies zudem darauf, dass zum Beispiel Mitglieder der Siebenten Tags Adventisten, die den Samstag heilig halten, ebenfalls einen Antrag auf einen freien Sonnabend stellen müssten und nicht generell aufgrund ihrer religiösen Überzeugung an diesem Tag dem Unterricht fern bleiben dürften.
Thomas Hummitzsch, Sprecher des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg, erklärte auf Anfrage von pro, die Organisation werde zunächst von einer weiterführenden Klage absehen. Stattdessen wolle man das Gespräch mit der Bildungsverwaltung suchen. Eines habe der Prozess zweifelsfrei gezeigt: „Der Bedarf an einem solchen freien Tag ist da.” (pro)