„Luther vertrat – wie fast alle anderen Reformatoren auch – einen klaren Antijudaismus”, heißt es in dem Gastbeitrag. Noch 1523 habe er die Juden mit seiner Schrift „Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei“ von einem neuen Miteinander mit den Christen träumen lassen. Doch 20 Jahre später habe er mit „Von den Juden und ihren Lügen“ eine Schmähschrift verfasst. Luther schlage darin der Obrigkeit vor, dass sie jüdische Synagogen und Schulen „mit Feuer anstecken”, ihre Häuser „zerbrechen“ und die Juden „wie die Zigeuner in einen Stall tun“ solle. „Diese so unfassbaren Äußerungen können auch nicht mit seiner Verbitterung darüber erklärt werden, dass Juden – anders als von ihm erwartet – nicht zur Kirche der Reformation konvertierten. Auch der ‚Zeitgeist’ kann nicht als Rechtfertigung dienen. Diese Sätze werfen auf Luther und seine Reformation einen Schatten und sollten die Kirche, die sich nach ihm benannte, auf einen entsetzlichen Irrweg führen”, stellt Käßmann fest.
Luthers Text sei in der NS-Zeit häufig nachgedruckt worden, zum Beispiel unter dem Titel: „Martin Luther und die Juden – weg mit ihnen!“ Bis auf wenige Einzelne habe die evangelische Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus versagt, weil sie Menschen jüdischen Glaubens nicht geschützt habe. Diese Schattenseiten der Reformation dürften bei aller Freude über deren Errungenschaften nicht ignoriert werden. (pro)