Das Gespräch bildete den Abschluss der dreitägigen Reise Kauders in das Land. Zu der Reise erklärt der Fraktionsvorsitzende: „Die Situation in Ägypten ist weiter schwierig. Trotz der Bekenntnisse der Regierung und Muslimbrüder für eine offene Gesellschaft reisen wir mit Sorgen nach Deutschland zurück. Papst Tawadros II. hat uns seine Befürchtung vorgetragen, dass sich die Situation der Kopten in nächster Zeit weiter verschlechtern wird. Wir werden die Entwicklung weiter aufmerksam verfolgen müssen."
Die Regierung und die Muslimbrüder müssten der Ankündigung, dass sie die Freiheit der Religion weiter garantieren wollen, auch wirklich umsetzen. "Wenn ein Mann wie der neue Papst Tawadros II. nun so deutliche Worte findet, muss uns allerdings alarmieren. So haben sich die Kopten in der Vergangenheit nicht geäußert. Sollte sich die Lage der Menschenrechte verschlechtern, müssen wir das in den Kontakten zu Ägypten sofort zur Sprache bringen. Damit nützen wir den Kopten, aber auch anderen Teilen der Gesellschaft, die mit der Entwicklung unzufrieden sind. Von Drohungen mit der Streichung von Entwicklungshilfe sollte abgesehen werden. Das würde nur auf die Christen in Ägypten zurückfallen und ihre Lage noch kritischer machen."
Deutschland habe ein hohes Interesse an einer positiven Entwicklung Ägyptens, sagte Kauder laut einer Mitteilung der CDU. Allerding beobachte nicht zuletzt die deutsche Wirtschaft die Situation in Ägypten intensiv und mache ihr Engagement auch davon abhängig, dass sich das Land zu einer Demokratie einschließlich der Wahrung der Menschenrechte entwickele. Dazu zähle immer auch die Einhaltung der Religionsfreiheit, wie auch der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Johannes Singhammer unterstrich, der Kauder begleitet.
Gegenüber dem Christlichen Medienmagazin pro sagte Kauder am Donnerstag: „Wir wollen niemanden bevormunden. Allerdings ist es nur natürlich, wenn wir uns als christliche Demokraten besonders für das Schicksal von Glaubensgeschwistern in Ägypten einsetzen.“ Es sei schon „eine besondere Wachsamkeit notwendig“, so der CDU-Politiker. Die weitere Entwicklung Ägyptens sei schwer einschätzbar, die Verfassung habe auch die Möglichkeit geschaffen, dass sich das Land in Richtung eines Gottesstaates entwicklen könne. Singhammer sagte gegenüber pro: „Religionsfreiheit ist für uns immer ein Lackmustest dafür, wie in einem Land die Menschenrechte beachtet werden.“
Vertreter der Muslimbrüder und Regierungspolitiker unterstrichen, dass sich Ägypten zu einem zivilen Staat entwickeln solle. Es werde keinen Versuch geben, eine Theokratie einzuführen. Die Kopten seien fester Teil der ägyptischen Gesellschaft. Sie sollten nicht ausgegrenzt werden. Schuld für die Spannungen seien auch die wirtschaftlichen Probleme des Landes.
Kauder und Singhammer waren am Mittwoch zu einer dreitägigen Reise nach Ägypten aufgebrochen. Sie trafen sich mit den Repräsentanten der christlichen Kirchen sowie mit Politikern. Kauder erklärte dazu: „Die Entwicklung in Ägypten nach der friedlichen Revolution erfüllt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in letzter Zeit zunehmend mit Sorge. Die Gewaltausbrüche in dem Land zeigen, dass die Demokratie noch nicht gefestigt ist und die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen sich noch nicht auf einen Grundkonsens verständigt haben.“ Die Regierung von Präsident Mohammed Mursi müsse den Gesprächsfaden zu allen politischen und gesellschaftlichen Kräften nicht abreißen lassen, forderte Kauder. Dazu gehörten insbesondere die koptischen Christen.
Kauder und Singhammer hatten am Donnerstag zunächst den stellvertretenden Vorsitzenden der Muslimbrüder, Essam El-Erian, und anschließend den Minister für Rechtsangelegenheiten und Parlamentsfragen, Omar Salem, getroffen. Nach einem kurzen Aufenthalt auf dem Tahrir-Platz, dem Zentrum der Revolution, machten beide Politiker einen kurzen Halt im Goethe-Institut in Kairo. Es ist die dritte Reise Kauders nach Ägypten in dieser Legislaturperiode. (pro)