Fliege im Disziplinarverfahren entlastet

Ex-Fernsehpfarrer Jürgen Fliege hat im Disziplinarverfahren der Evangelischen Kirche im Rheinland nach Informationen des "Kölner Stadt-Anzeigers" einen Teilerfolg erzielt. Das ermittelnde Landeskirchenamt hat demnach den Vorwurf fallen gelassen, Fliege habe im Gespräch mit einem Brautpaar Kirche und Glaubensinhalte diffamiert. Der Sektenexperte und Pfarrer im Ruhestand, Thomas Gandow, mahnte gegenüber pro, die Kirche scheue die Auseinandersetzung mit Fliege.



Von PRO

Fliege soll dem Brautpaar laut einem Porträt des Autors Benjamin von Stuckrad-Barre aus dem Jahr 2011 gesagt haben, Gott und Kirche seien "erst mal scheißegal". Das sei nicht nachweisbar, heiße es nun in einem Bericht des Landeskirchenamts. Fliege hatte zuvor öffentlich bestritten, dies gesagt zu haben. Seine Kirche setze "skrupellos" auf das "Wort eines bezahlten Spötters", hieß es.

Das Disziplinarverfahren, das vor über einem Jahr begann, ist damit noch nicht abgeschlossen. Flieges zeitweiligen Handel mit einer fragwürdigen Essenz wertet die Kirche laut "Kölner Stadt-Anzeiger" weiterhin als Verletzung seiner Dienstpflichten. Er habe damit den Eindruck erweckt, Segen sei käuflich. Für knapp 40 Euro war ein Fläschchen einer Flüssigkeit zu kaufen, die der Kirchenmann per Handauflegen "mit Trost und Kraft" aufgeladen haben will. Fliege hatte sich verteidigt, indem er darauf hinwies, dass nur der Segen Gottes kostenlos sei, die Weitergabe durch die Kirche aber nicht. Die Landeskirche wirft dem 65-Jährigen, der inzwischen im Ruhestand ist, den Verstoß gegen seine Amtspflichten vor. Für weitere Kritik an dem Geistlichen sorgten seine Tipps zum Kirchenaustritt, die er 2011 in seinem nach ihm benannten Monatsmagazin gegeben hat. Fliege droht die Kürzung seiner Altersbezüge.

Bereits 1999 hatte Fliege in einem Interview Gott als "Gauner da oben" bezeichnet. Der in Radevormwald bei Wuppertal geborene Theologe war Pfarrer in Düsseldorf, Essen und Aldenhoven bei Aachen, bevor er 1994 in der ARD mit einer nach ihm benannten Talkshow auf Sendung ging. 2005 wurde das Format wegen deutlich sinkender Zuschauerzahlen eingestellt.

Kirchenkritik vom Sektenexperten

Zu den großen Kritikern Flieges gehört der ehemalige Sektenbeauftragte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Thomas Gandow. 2011 ging er in den Ruhestand. Noch bei seiner Abschiedspredigt kritisierte er Fliege als "Irrlehrer". Einen "Skandal" und ein "Ärgernis" nannte Gandow die Tatsache, dass der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Nikolaus Schneider, "ihn nicht korrigiert und zur Ordnung ruft". "Diese Kritik muss ich heute so wiederholen", sagte Gandow am Donnerstag auf Anfrage von pro. Die Kirche scheue die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Irrlehren Flieges. Er vermisse eine öffentliche Distanzierung der Kirche von dem ehemaligen Fernsehpfarrer. "Das ist keine Frage von Disziplinarverfahren, sondern von theologischer Beurteilung durch die Bischöfe", erklärte er. Statt wenigstens Distanz zu halten, gehöre zum Beispiel Landesbischof a.D., Johannes Friedrich, als Vorsitzender nach wie vor dem Stiftungsrat von Flieges Stiftung an. Der Kirche warf Gandow Doppelmoral vor. Auf der einen Seite unterhalte sie in einigen Landeskirchen noch Sektenbeauftragte, auf der anderen Seite gebe es keine öffentliche Maßregelung im Falle der esoterischen Machenschaften Flieges. "Damit macht sich die Kirche unglaubwürdig und erleidet einen massiven Imageschaden", ist Gandow sich sicher. (pro/dpa)

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