Statt einer an Fakten orientierten Informationspflicht gemäß der klassischen Journalistenregeln habe die ZDF-Journalistin Petra Gerster mit ihrer Anmoderation angesagt, "was man über den Schritt zu denken hat", prangert Püttmann an. Dadurch könne der Eindruck entstehen, dass sich Papst Benedikt XVI. in seinem Pontifikat wieder einen deutlichen Fehler in seiner Personalpolitik erlaubt habe.
Eindeutige "Schubladisierung"
Erst im zweiten Satz werde die neutrale Nachricht übermittelt, danach der "neue Mann" wieder mit Vorurteilen behaftet. Statt die Qualifikation des ehemaligen Münchener Dogmatik-Professors hervorzuheben, erhalte er durch die Moderation eine "Gesinnungsplakette als erzkonservativer Hardliner". Püttmann will dies so nicht stehen lassen und stört sich vor allem an der "Schubladisierung" durch das "aufgeblasene Abwertungsattribut erzkonservativ".
Auch die Beschreibung der Glaubenskongregation, "die wie ihre Vorgängerin, die Inquisition, für die Reinheit der katholischen Lehre zuständig" sei, erzeuge einen bewussten Gruseleffekt, wie in Dan-Brown-Romanen. Aus Püttmanns Sicht wird hier die Botschaft vermittelt: "Die einschlägige Person für das passende Amt." Er fragt: "Leiten Sie Meldungen zur Partei ‚Die Linke‘ demnächst auch immer so ein: ‚Die Linke ist, wie ihre Vorgängerin, die SED-Nachfolgepartei PDS, der Meinung, dass…‘?".
Wertung: "Katastrophale Fehlbesetzung"
Der tendenziösen Anmoderation folge ein 90-sekündiger Korrespondenten-Bericht von Peter Sydow, der in vielen Punkten das Gesagte lediglich noch einmal wiederhole, statt neue Fakten zu liefern. Verwendete Vokabeln wie "umstritten" oder Sydows "referierende Einschätzung" von Müller als einer "katastrophalen Fehlbesetzung" rundeten das Bild ab. Die Nennung des Bischofs im Zusammenhang mit der erzkonservativen Pius-Bruderschaft sei ein weiteres Beispiel einer überdrehten Etikettierung. Dieser Gruppe sei kaum ein Bischof verhasster als Gerhard Ludwig Müller. Beim ZDF werde aber wohl alles "Erzkonservative" in einen Topf geworfen. Zehn verwendete Reizwörter lassen Püttmann von einem "Skandalierungs-Overkill" sprechen.
"Das sind nicht Nachrichten, verehrter Herr Intendant, das ist Agitation. Unter der Verantwortung Ihres Chefredakteurs Peter Frey", wirft Püttmann vor. Es gehe nicht darum, ob man für oder gegen die Personalie Müller sei, oder ob auch die Kritik an ihm in der aktuellen Berichterstattung erwähnt werden durfte oder musste. "Es geht um Qualitätsstandards im Nachrichtenjournalismus, um einen halbwegs rationalen Diskurs, um Fairness und um die Mündigkeit der Zuschauer." Püttmann jedenfalls fordert anschließend klare Maßnahmen dagegen, wie das ZDF gegen die verwendeten Klischees gegen die Katholische Kirche vorgeht.
Viele schriftliche Beschwerden
"Der Brief hat seine Wirkung nicht verfehlt. Die Resonanz, die ich erhalten habe, ist gigantisch", betont Püttmann gegenüber pro. Viele Journalisten hätten um eine Abdruckgenehmigung gebeten und auch in den sozialen Netzwerken wie "Facebook" werde der Brief "munter kommentiert". Viele hätten auch eine schriftliche Beschwerde an das ZDF verfasst. "Kritik ist erlaubt, aber eine wiederholte einhämmernde Etikettierung kann nicht das Ziel einer Berichterstattung sein".
Das ZDF antwortete Püttmann und allen anderen, die sich der Beschwerde angeschlossen haben, in einem Schreiben. "Bischof Müller in ein schlechtes Licht zu rücken, ist ganz sicher nicht die Absicht des ZDF gewesen", schreibt der Sender. Die Kritik eines einseitig negativen und unangemessenen Berichts sei an die "heute"-Redaktion weitergeleitet worden: "Ihre Stellungnahme wird außerdem als Teil der Zuschauerresonanz festgehalten und trägt dazu bei, die weitere Programmarbeit des ZDF zu diskutieren und zu bereichern."
Püttmann selbst hat von der ZDF-Reaktion eine weitergeleitete dpa-Nachricht erhalten: Diese bezieht sich auf ein "Zeit"-Interview, in dem ZDF-Intendant Thomas Bellut forderte, dass sich die "heute"-Nachrichten um 19 Uhr "erneuern müssten": "Die klassischen Tagesnachrichtensendungen stehen viel stärker in Konkurrenz zu den Internetanbietern. Sie müssen beweisen, dass sie für die Zuschauer trotzdem wichtig bleiben", sagte er der Zeitung, mit dem Verweis, in der nächsten Woche die Redaktion in dieser Angelegenheit zu besuchen. (pro)