Nach dem Protest der Armenier in Deutschland wenden sich nun auch der Zentralverband der Assyrischen Vereinigung sowie die Alevitische Gemeinde gegen die Ehrung Erdogans, meldet das Internetportal "domradio.de". So spreche der assyrische Verband unter anderem von der schlechten Situation der Pressefreiheit in der Türkei, Misshandlung und Folter türkischer Gefangener, fehlender Minderheitenrechte für Assyrer und der Verweigerung elementarer Existenzrechte für Christen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Erdogan den Preis erhalten soll, der für Offenheit, Menschlichkeit und Toleranz stehe, erklärte demnach der Zentralverband der Assyrer.
Auch der Generalsekretär der Alevitischen Gemeinde Deutschlands, Ali Dogan, übte dem Bericht zufolgte scharfe Kritik. Er nannte die Preisverleihung an Erdogan "einen Schlag ins Gesicht aller Minderheiten in der Türkei, die staatlich organisierter Intoleranz und Unmenschlichkeit ausgesetzt sind". Der integrationspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag, Mehmet Killic, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Ich bin fassungslos, mit welcher falschen Sensibilität die Veranstalter Erdogan loben. Das ist vollkommen fehl am Platz." Nach seiner Einschätzung entferne sich unter Erdogan die Türkei von der EU, anstatt sich ihr anzunähern. Zuvor hatte der Zentralrat der Armenier in Deutschland die Ehrung kritisiert: Erdogan stehe weder für Toleranz und Menschlichkeit noch für das Zusammenwachsen Europas.
Der Award ist nach dem leitenden Betriebsbeamten im Bergbau, dem so genannten Steiger, benannt. Nach Angaben der Initiatoren des Preises wird er "an Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland verliehen, die geradlinig ihren Weg verfolgen und dabei nach den Grundwerten der Steiger handeln. Diese sind nach Einschätzung der Jury Offenheit, Menschlichkeit, Geradlinigkeit, Toleranz". Auf ihrer Internetseite verwahren sich die Initiatoren gegen die Kritik und weisen darauf hin, dass "Erdogan die Auszeichnung stellvertretend für das türkische Volk für 50 Jahre deutsch-türkische Freundschaft in Empfang nimmt. Die Auszeichnung ist ausdrücklich keine Bewertung der innen- und außenpolitischen Aktivitäten des türkischen Ministerpräsidenten". Sie solle das Miteinander von Deutschen und Türken ehren, welches gerade im Ruhrgebiet besonders gelungen sei. Die Laudatio auf den türkischen Premierminister wird Gerhard Schröder halten. Das brachte dem Altkanzler unter der Rubrik "Kopfnoten" in der Tageszeitung "Die Welt" die "Note 5" ein: Schröder sehe gern mal lupenreine Demokraten, wo andere nur Despotie und Unterdrückung erkennen könnten, heißt es in der Begründung.
Die Auszeichnung wird in diesem Jahr zum achten Mal von dem Bochumer Medienveranstalter Sascha Hellen verliehen. Zu den aktuellen Preisträgern gehören auch Königin Silvia von Schweden in der Kastegorie Charity, der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler (Toleranz), Wolfgang Joop (Kunst) und Peter Kloeppel (Medien). (pro)