"Gott hat in jeden Menschen etwas hineingelegt, das ich gerne entdecken würde", sagte Kober. "Deshalb bin ich Liberaler. Je mehr das Leben reguliert und standardisiert ist, desto weniger gibt es zu entdecken." Auf die Frage der "Zeit", ob er allen Ernstes behaupten wolle, dass die FDP christliche Nächstenliebe propagiere, antwortete der 40-Jährige: "Jedenfalls finde ich es naheliegend, in einer Partei zu sein, die die persönliche Verantwortung für den Nächsten und sich selbst in den Mittelpunkt stellt." Am Ende könne eine lebenswertere, weil beziehungsreichere Gesellschaft stehen. "Wenn wir uns von persönlicher Verantwortung freikaufen, hat das den Charakter eines Ablasshandels." Die direkte Auseinandersetzung mit Not und Leid sei für Christen von großer Bedeutung.
Kober erklärte, er sei geprägt vom lutherischen Berufsethos, wonach Fleiß und Pflichtgefühl gottgefällig seien. "Danach ist es meine Aufgabe, die Dinge möglichst zum Besseren zu wenden." Das für ihn als Politiker wichtigste Gleichnis sei das vom Wachsen der Saat im Markus-Evangelium: "Der Sämann steht morgens früh auf, sät aus und geht abends schlafen. Das ist alles. Das Wachsen selbst vollbringt er nicht." Die Botschaft sei: Die Menschen seien entlastet davon, das Reich Gottes auf Erden selber herstellen zu müssen. "Wir tun unseren Teil, aber die Vollendung des Heils wird uns geschenkt." Er sei früher einmal SPD-Wähler gewesen und erlebe, dass viele Berufskollegen die rot-grünen Parteiprogramme für die Fortschreibung des Evangeliums halten. "Ich bin aber zur Einsicht gekommen, dass das nicht stimmt." Manche in der FPD wiederum müssten sich davon verabschieden, dass der Markt alles regelt.
"Pfarrer wird nur jemand, der die Menschen liebt. Das gilt auch für Joachim Gauck", antwortete der Theologe auf die Frage, warum die FDP einen Pfarrer für das Amt des Bundespräsidenten wollte. "Die Bürger werden ihn mögen, obwohl er Dinge sagt, denen nicht jeder zustimmt."
"Ich bete jeden Tag", verriet Kober der "Zeit". Er bete jedoch nie für konkrete politische Entscheidungen oder für die Ziele der FDP. "Ich habe nicht einmal dafür gebetet, dass ich selbst in den Bundestag einziehen kann." Aber das sei eine persönliche Sache zwischen Gott und ihm. Auf die Frage, ob er lieber Politiker oder Pfarrer sei, antwortete er: "Ich mag beides. Auf der Kanzel verbietet sich Partei- und Tagespolitik. Aber in beiden Funktionen geht es um eine gerechtere Welt." Ob die Politik ihn, den Pfarrer, schon in Versuchung gebracht habe, wollte die "Zeit" wissen. "Ja", räumte der Bundestagsabgeordnete ein. Ihm fielen öfter mal polemische Gemeinheiten gegenüber dem politischen Gegner ein. "Ich versuche, dem zu widerstehen, war mir nicht immer gelingt." (pro)