"Ich wurde damals praktisch ohne meinen Willen und Wunsch in die Verlagsarbeit hineingeschoben", erinnert sich Hänssler im Gespräch mit pro. Damals, das war 1950, als er in den Hänssler-Verlag eintrat, den sein Vater 1919 gegründet hatte. "Ich habe da mitgearbeitet, weil ich keine andere Chance hatte. Nach einer Tuberkuloseerkrankung konnte ich zunächst nur eine Stunde am Tag arbeiten." Ob es ihm dann irgendwann Spaß gemacht habe, im Verlag mitzuwirken? "Spaß war nicht die Frage", antwortet Hänssler ernst. "Die Frage war mehr, dass man die Aufgabe gesehen hat. Die Aufgabe musste getan werden." Im Laufe seines Lebens hat er viele Aufgaben gesehen – und getan.
"Musik ist mein Leben!"
Ab 1959 übernahm Friedrich Hänssler die Verlagsleitung. Damals lag der Schwerpunkt im Bereich der Kirchenmusik sowie in der Herausgabe von Chor- und Gesangbüchern. In dieser Zeit erschien die Liederbuch-Reihe "Jesu Name", von der allein der erste Band mehr als eine Million Mal gedruckt wurde. In derselben Tradition stehen heute die bekannten Liederbücher "Feiern & Loben" oder "Feiert Jesus!". "Musik ist mein Leben!", bekennt Hänssler gegenüber pro. Und so wundert es nicht, dass ein Schwerpunkt des Verlages bis heute die Musikproduktion ist. 1985 etwa veröffentlichte Hänssler die 200 geistlichen Kantaten Johann Sebastian Bachs auf 100 Langspielplatten und wurde dafür mit der internationalen Auszeichnung "Grand Prix du Disque" geehrt. Mit der "Edition Bachakademie" produzierte Hänssler im Jahr 2000 gemeinsam mit Helmuth Rilling, einem der profiliertesten deutschen Bachinterpreten, auf insgesamt 172 CDs das komplette erhaltene Kompositionswerk Johann Sebastian Bachs. Warum ausgerechnet dieser Komponist? "Bach ist für mich der Gipfel der Musik", antwortet Hänssler. "Einfach der Beste."
Mit der Gründung der "Telos"-Verlagskooperation startete Hänssler 1971 die Produktion von Büchern. Dabei konzentrierte er sich auf die Herausgabe von Bibelausgaben und Literatur, die in einer Millionenauflage Leser bewegte und gleichsam prägte. Immer wieder hat der Verleger auch Bücher zum Thema Israel herausgebracht, zum Teil im Auftrag des israelischen Außenministeriums. "Wir wollen damit Israel unterstützen", erklärt der Verleger.
Engagement und Auszeichnungen
Angetrieben hat ihn immer der Wunsch, "dass das Evangelium von Jesus Christus gelesen, gesehen, gehört, gesungen, gemailt und gechattet wird". Dies blieb in der Öffentlichkeit nicht unbemerkt: Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, wie das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg, die Johannes Brenz-Medaille der Evangelischen Landeskirche und eine der höchsten Auszeichnungen Israels, den Titel "Freund der Stadt Jerusalem". "Eine ganze Menge Auszeichnungen, für die ich nicht die Verantwortung trage", stellt Hänssler lapidar fest. "Sie sind, soweit von der Größe her möglich, in einem Karton versammelt. Und der steht irgendwo in der Ecke." Hänssler gibt sich nicht bescheiden, er ist bescheiden. Er tut nicht die Dinge, die ihm Anerkennung bringen, sondern die ihm als Aufgabe vor die Füße gelegt werden. So wissen die Wenigsten, wie viele Bücher er in Zeiten des Eisernen Vorhangs auf eigene Kosten in den Osten geschleust hat oder dass er sich über Jahre hinweg mit hohem persönlichen Einsatz ehrenamtlich um Obdachlose und Gestrandete kümmerte.
Friedrich Hänssler engagierte sich in zahlreichen Leitungsgremien christlicher Werke und Organisationen, darunter im Württembergischen Brüderbund, im Missionswerk "Operation Mobilisation" oder beim Christlichen Medienverbund KEP, den er 1975 gemeinsam mit Bärbel Wilde, Horst Marquardt und Waldemar Murjahn gründete. Er habe sich jedoch nie die Aufgaben gesucht, sich selbst nie irgendwo angeboten, betont er. Oft sei er von Gott in die Aufgaben geschoben worden.
Eines dieser "Anschuberlebnisse" war die Begegnung mit Charles Colson, der seinerzeit als Sonderberater von Präsident Richard Nixon tief in den Watergateskandal verstrickt war und später eine radikale Lebenswende hin zu Jesus erfahren hat. Dieser Kontakt führte zu einem Besuch des "National Prayer Breakfast" in Washington. "Ich hatte damals keine Ahnung von der Existenz dieser Veranstaltung mit dem jeweiligen Präsidenten und der Prominenz des Landes", erinnert sich Hänssler. Das Treffen hat ihn so beeindruckt, dass er in Deutschland den Impuls zur Entstehung der Gebetsfrühstückstreffen für Mitglieder des Bundestags und mehrere Landesparlamente gab.
Schwierigkeiten und Gottvertrauen
2002 führten gleich mehrere betriebliche Probleme zu erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten: Der Verlag wuchs zu schnell, der neue Firmensitz in Holzgerlingen wurde teurer als geplant, während eine supermoderne, computergesteuerte Kommissionieranlage nicht wie gewünscht funktionierte und es zu Lieferzeiten von mehreren Wochen kam. Zur selben Zeit ging in den USA ein großer Musik-Kunde in die Insolvenz. Hänssler musste seinen Verlag aufgeben. Er wurde von der Stiftung Christliche Medien (SCM) übernommen, deren Vorstandsvorsitzender der Unternehmer Friedhelm Loh ist. "Für mich war es ein Geschenk, dass Friedhelm Loh in den Verlag eingestiegen ist", erinnert sich Hänssler. "Ich sagte mir damals: Im Wissen um das, was für mich und die Verkündigungsaufgabe des Verlags gut ist, ist Gott mir immer eine Ewigkeit voraus."
Im Gespräch mit Hänssler wird deutlich, wie ernst er sein Christsein nimmt, das geprägt ist von einer tiefen und authentischen Frömmigkeit. "Es war immer mein Wunsch, das zu tun, was Gott will – und das ungeteilt", verrät er und fügt nachdenklich hinzu: "Was allerdings vor Fehlern nicht bewahrt." Aber dieser Wunsch sei immer ein roter Faden in seinem Leben gewesen, auch durch alle Schwierigkeiten hindurch.
Auch mit 85 Jahren arbeitet er jeden Tag im Verlag, wo er jährlich viele hundert Manuskripte prüft. "Ich bin immer leistungsfähig, wenn ich eine Aufgabe sehe", sagt er. Für Frieder Trommer, Geschäftsführer der Verlage und Firmen der SCM, ist Friedrich Hänssler, "ein Mann der Musik, ein Mann des Buches, ein Freund Israels, ein Beter für Politiker, ein Verleger, Referent, und Berater – aber zuerst und vor allem: ein Mann des Glaubens". Dabei sei es ihm immer wichtig, dass Menschen eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus finden und die verschiedenen Medien dazu beitragen, diese Vertrauensbeziehung zu fördern und zu vertiefen, sagt Trommer gegenüber pro. "Für ungezählte Autoren und Musiker war er dabei der Vermittler, damit dieses Ziel gemeinsam zur Ehre Gottes erreicht wurde." (pro)