"Wie herrlich ist es, dass niemand auch nur eine einzige Minute zu warten braucht, um damit zu beginnen, die Welt zu verändern", hat Anne Frank einst geschrieben. Dieses Zitat der 1945 von den Nazis getöteten Jüdin ist Leitmotiv einer Wanderausstellung, die am Donnerstag in Berlin eröffnet wurde. "Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte" zeigt nicht nur das Leben Franks und ordnet es in die Historie des Nationalsozialismus ein – die Ausstellung verbindet Anne Franks Lebenswerk auch mit der heutigen Zeit. Auf Stellwänden wird etwa die Frage gestellt: "Was kann ich tun?" Die Antwort darauf lautet unter anderem: Bloggen und in Sozialen Netzwerken mit einer Botschaft des Friedens aktiv sein.
"Die Kultur der Erinnerung befindet sich in einem Wandel", sagte Wolfgang Thierse bei der Eröffnung der Ausstellung im Paul-Löbe-Haus auf dem Gelände des Deutschen Bundestages. Um auch Jugendlichen immer wieder die geschichtlichen Ereignisse rund um den Zweiten Weltkrieg vor Augen zu führen, brauche es Projekte wie "Deine Anne". Es dürfe nicht versäumt werden, das Entsetzliche so zu vermitteln, dass es mit dem Herzen begriffen werde. Der Kampf gegen den Nationalsozialismus sei gerade in Zeiten, in denen Neonazi-Verbrechen ans Tageslicht kämen, eine Aufgabe aller "anständigen Bürger" und Demokraten, sagte Thierse.
Jugendliche sollen Botschafter werden
Mit dem Herzen begreifen können die Besucher der Ausstellung das Mädchen Anne Frank vor allem durch Fotos und Videos – eines zeigt sie etwa, wie sie vom Fenster ihrer Wohnung aus eine Hochzeit beobachtet. Lange vor den Schrecken, die sie noch erwarten sollten. Doch "Deine Anne" beleuchtet auch die Geschichte des weltberühmten Tagebuchs seit seiner Veröffentlichung. Mit dem Projekt verknüpft ist die Ausbildung von Jugendlichen zu "Anne-Frank-Botschaftern". Wer sich dafür interessiert, kann mit Hilfe der Initiatoren selbst aktiv werden, andere über Anne Frank informieren und eigene Ideen verwirklichen. Das soll junge Menschen dazu motivieren, die Erinnerung an Anne Frank lebendig zu halten, erklärte Bundesfamilien- und Jugendministerin Kristina Schröder im Rahmen der Ausstellungseröffnung.
Ins Leben gerufen wurde das Projekt von den "Anne Frank Zentren" in Berlin und Amsterdam. Bis zum 16. Februar wird "Deine Anne" in der deutschen Hauptstadt zu sehen sein, anschließend zieht die Ausstellung alle vier bis sechs Wochen weiter, jeweils in eine andere deutsche Stadt wie Essen, Gütersloh, Bremen, Kiel und Pirna. Der Name Anne Frank stehe heute für Toleranz und Antidiskriminierung, sagte der niederländische Botschafter Marnix Krop am Donnerstag im Paul-Löbe-Haus. Der Direktor des deutschen "Anne Frank Zentrums", Thomas Heppener, ergänzte, es sei "ein Wahnsinn", dass die nationalsozialistische Ideologie noch heute Quelle von Rechtsextremismus sei. So soll "Deine Anne" letztlich wohl auch terroristischen Anschlägen wie jenen der Zwickauer Terrorzelle vorbeugen. (pro)