In dem Interview, das "Bibel TV"-Geschäftsführer Henning Röhl mit Marquardt führt, erfährt der Zuschauer etwas über die Jugendjahre des Journalisten und Theologen. Dieser hat nach eigenen Aussagen als 15-Jähriger versucht, "zum Held zu werden und sich zum Volkssturm gemeldet". Enttäuscht von der Nazi-Ideologie arbeitet Marquardt nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst als Jugendfunkredakteur für den Landessender Potsdam und beginnt sich auch für das politische Geschehen zu interessieren: "Ich war beeindruckt von der Aufbauarbeit, die geleistet wurde", erklärt Marquardt und verweist darauf, dass er mit fliegenden Fahnen dem Kommunismus verfallen gewesen sei. Erst als ein kritischer Beitrag von ihm nicht veröffentlicht werden sollte, wird er nachdenklich und entscheidet sich, dem Sender und Potsdam den Rücken zu kehren.
In dieser kritischen Phase seines Lebens habe er auf der Suche nach Antworten begonnen in der Bibel zu lesen. Für ihn sei dann schnell klar gewesen, dass er nicht im kommunistischen Umfeld bleiben konnte. Nach der Flucht nach Berlin entdeckt er eine unbändige Freude an der Verkündigung von Gottes Wort. Er studiert nach seiner Bekehrung Theologie und arbeitet anschließend als Pastor in Berlin. Von dort führt ihn sein Weg nach Wien.
1960 holten die Gründerväter des "Evangeliums-Rundfunks" um "Motor" Hermann Schulte Marquardt nach Wetzlar, um die Idee des christlichen Radio-Senders gemeinsam mit Leben zu füllen. Am 1. April 1960 geht der "ERF" auf Sendung, "in einer Zeit, in der Andachten wenig Raum in öffentlichen Sendern hatten", wie Marquardt zurückblickend feststellt. Ziel sei es gewesen, die biblische Botschaft relevant zu machen für das tägliche Leben und das zum Inhalt zu machen, was Christen verbindet.
Eine erstaunliche Resonanz der Hörer
Beeindruckt ist Marquardt in der Rückschau von der erstaunlichen Resonanz, die der Sender erhält: "Zum damaligen Zeitpunkt haben wir zwei Millionen D-Mark benötigt. Bei einer Rundfunkgebühr von zwei D-Mark monatlich, hatten wir das Ziel, die Menschen dazu zu bringen, fünf D-Mark für unsere Sache zu spenden", berichtet der Journalist. Eingebettet ist das Projekt in das Konzept der international tätigen Missionsgesellschaft "TransWorldRadio". Auf diese Art und Weise sei ein globales Missionsnetzwerk entstanden, das bis heute auf 250 Sprachen angewachsen ist.
Als er in der Zeit der großen Evangelisationskongresse Anfang der 1970er Jahre nicht mit seinen Themen beim Evangelischen Pressedienst (epd) habe landen können, entscheidet sich Marquardt, eine eigene Berichterstattung zu starten. Aus der Idee, die evangelikalen Kreise besser zu vernetzen, sei die Nachrichtenagentur idea entstanden: "Ich würde mir wünschen, dass auch die überregionalen Tageszeitungen ein bis zwei Mal pro Woche idea zitieren und es keine Aversion gegen einen bloß nicht zu frommen Journalismus gibt", sagt Marquardt.
"Euch geschehe nach eurem Glauben"
1975 gründet er die "Konferenz Evangelikaler Publizisten" (KEP), die sich heute als "Christlicher Medienverbund KEP" das Motto "Mehr Evangelium in den Medien" auf die Fahne geschrieben hat. Ebenfalls auf Marquardts Initiative geht die Gründung des "Kongresses Christlicher Führungskräfte" zurück. Über seinem gesamten Leben habe stets der Vers "Euch geschehe nach eurem Glauben" aus Matthäus 9, 29 gestanden.
Der heutigen Gesellschaft attestiert Marquardt im Interview eine Sehnsucht nach Authentizität. Für die christlichen Gemeinden sei eine Verkündigung wichtig, die das Herz der Menschen erreicht: "In vielen Gemeinden ist es zu verkopft, weil es intellektuellen Ansprüchen genügen muss", weiß Marquardt. Der Vater von vier Kindern und Familienmensch gibt gerne zu, dass er vieles im Leben nicht ohne seine Frau Irene erreichen konnte, mit der er seit über 56 Jahren verheiratet ist.
Enger zusammenrücken
Ein wenig ratlos wirkt der 82-Jährige bei der Frage, warum so viele verschiedene christliche Medien existieren: "Vielleicht wollen einige ihre Traditionen wahren, einige meinen, dass sie es besser als die Anderen können und vielleicht geht es manchen auch noch zu gut", betont Marquardt. Bei der ständig wachsenden Herausforderung durch Atheismus und Islam, fordert er ein Zusammenrücken der christlichen Organisationen.
Marquardt engagierte sich auch neben seinem Beruf noch vielfältig ehrenamtlich. Von 1969 bis zum Erreichen der Altersgrenze gehörte er dem Hauptvorstand der Deutschen Evangelischen Allianz an. Von 1986 bis 1999 war er Vorsitzender der Lausanner Bewegung in Deutschland, die er selbst mitbegründete und deren Ehrenvorsitzender er ist. Von 1999 bis 2007 hatte er den Vorsitz des Instituts für Islamfragen inne. Zudem sprach er mehrere Jahre "Das Wort zum Sonntag" in der ARD.
"Vielleicht ist das sein Geheimnis: Dass er nicht nur gemacht, sondern auch über alles intensiv gebetet hat", versucht der heutige Direktor von "ERF Medien", Jürgen Werth, die Lebensleistung seines Vorgängers in dem "Bibel TV"-Beitrag zu erklären. Im Rahmen des Formats "Lauf des Lebens" stellt "Bibel TV" erfahrene Menschen vor, die über die Hochs und Tiefs ihres Lebens berichten und erzählen, welche Erlebnisse sie in diesen Zeiten mit Gott und ihrem Glauben gemacht haben. (pro)