"Jeder sollte sich fragen, ob er Teil der Lösung sein kann oder einen Teil des Problems darstellt", sagte Wulff am Sonntag auf der Konferenz "Allianz der Zivilisationen" in Doha im Golfemirat Katar. "Ich zähle dabei (…) auf Kooperation statt Konfrontation." Das Forum unter dem Dach der Vereinten Nationen strebt eine bessere Verständigung zwischen der westlichen und der islamischen Welt an.
Wulff rief die Religionsführer auf, deutlich ihre Stimme zu erheben, wenn der Glaube als Vorwand von Konflikten missbraucht werde. Sie sollten sich auf den gemeinsamen Auftrag besinnen, die Schöpfung zu achten und die Würde aller Menschen zu verteidigen. "Ich arbeite aber dafür, dass sich mehr und mehr das Bewusstsein durchsetzt, eine Weltgemeinschaft, ja eine Schicksalsgemeinschaft zu sein", so der Bundespräsident in seiner Ansprache auf dem Kongress, die die wichtigste politische Rede Wulffs auf seiner bis Dienstag dauernden sechstägigen Reise in die Golfregion war.
Der Auftritt des Bundespräsidenten in Doha war bis kurz vor Beginn der Tagung unsicher. Am Samstag hatte er gedroht, er werde absagen, wenn der wegen Menschenrechtsverletzungen international gesuchte sudanesische Präsident Omar al-Baschir teilnehme. Er werde nicht bei einer Konferenz sein, "bei der wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit steckbrieflich gesuchte Staatsoberhäupter teilnehmen". Ohne Al-Baschir beim Namen zu nennen sagte Wulff, der von ihm geforderte Dialog der Kulturen und Religionen habe aber dann seine Grenzen, wenn es um schwere Verstöße gegen die Menschenrechte gehe.
Lob für den "Arabischen Frühling"
Wulff sagte mit Blick auf die Umbrüche in der arabischen Welt, der "Arabische Frühling" habe gerade die Sehnsucht der jungen Menschen nach Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Teilhabe gezeigt. Der Arabischen Liga und dem Golf-Kooperationsrat bescheinigte er, hohes Verantwortungsbewusstsein gezeigt und mutige Entscheidungen zu Libyen, Syrien und dem Jemen getroffen zu haben.
UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon sagte bei der Konferenz, nach dem "Arabischen Frühling" sei ein Prozess der Aussöhnung notwendig, um die Transformation in allen Ländern erfolgreich zu gestalten. Auch er rief Christen und Muslime zu gemeinsamen Anstrengungen für mehr Toleranz auf. Es gebe wichtige Aufgaben, die nur zusammen gelöst werden könnten. (dpa/pro)