Gerloff, der für den Christlichen Medienverbund KEP aus Jerusalem berichtet, verwies dazu auf die sehr unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Palästinenser-Gruppen: "Ob jemand der Fatah angehört oder der Hamas, ob er als Araber in Israel lebt oder als Christ in Gaza – all das macht einen großen Unterschied aus". Gerloff warnte zudem davor, den aktuellen Konflikt um das iranische Atomwaffenprogramm auf die Beziehungen zwischen dem Iran und Israel zu reduzieren. Hier spielten auch die Beziehungen zu den Atomwaffenmächten USA, Russland, Pakistan und Indien eine wichtige Rolle.
Was bringt der "Arabische Frühling"?
Zurückhaltend äußerten sich die Teilnehmer des Podiumsgesprächs zu den Folgen des "Arabischen Frühlings" für den Friedensprozess im Nahen Osten. Professor Abi Pitum, Vorstandsmitglied der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern, sagte, Israel komme mit der neuen Situation nicht gut zurecht. Bislang sei der Friede immer ein "kalter Friede" mit den bisherigen Eliten der arabischen Staaten gewesen; welche Politik neue demokratisch gewählte Regierungen gegenüber Israel verfolgten, sei ungewiss. Aus Sicht der Menschen in Israel bleibe allerdings die Bedrohung bestehen.
Die Rolle der Wirtschaft im Friedensprozess sprach Dr. Pantelis Christian Poetis an, der Pakistan in München als Honorarkonsul vertritt: "Wenn jemand etwas zu verlieren hat, dann wendet er sich vom Fanatismus ab", erklärte er. Deshalb müsse es darum gehen, die Wirtschaft in den Ländern des Nahen Ostens zu fördern und damit Wohlstand zu schaffen. Er rief Unternehmer auf, in der Region zu investieren.
Dürfen Muslime Christen werden?
Zu einer Kontroverse führte die provokante Frage von Abi Pitum, inwieweit der Islam den Religionswechsel zum Christentum oder zum Judentum erlaube. Nach Ansicht des afghanischen Religionswissenschaftlers und Imams Sidigullah Fadai kenne der Koran keinen Zwang in Glaubensfragen. Glaube müsse aus einer persönlichen Überzeugung kommen; wer als Muslim zu einem anderen Glauben komme, solle dahin gehen, wo er mit dieser Haltung glücklich werde, so Fadai. Auf den Einwand, dass es in vielen muslimisch geprägten Ländern keine umfassende Religionsfreiheit gebe, sagte Fadai: "Es ist ein Unterschied, was im Koran steht, und was Menschen daraus machen."
Ein positives Fazit der Diskussion zogen der Moderator der Veranstaltung, Max Strasser, und Pfarrerin Brigitte Fietz von der Paul-Gerhardt-Kirche. Die Veranstaltung habe zum besseren Verständnis der Situation im Nahen Osten beigetragen; die Beteiligung von rund 140 Besuchern zeige das große Interesse an dem Thema. (pro)
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