Mit der halbseitigen Anzeige wollen die Initiatoren "den Eindruck korrigieren", die deutsche Öffentlichkeit stehe dem Papst ablehnend, kritisch oder desinteressiert gegenüber. Rund 100 der 620 Abgeordneten hatten vergangene Woche angekündigt, sie wollten der Rede fernbleiben, weil sie das Trennungsgebot von Staat und Kirche missachtet sehen. Außerdem planen Papstgegner am Potsdamer Platz in Berlin eine Anti-Papst-Demo. Die Veranstalter rechnen laut Medienberichten mit 20.000 Teilnehmern.
In dem Anzeigentext würdigen die Unterzeichner die Verdienste des Papstes. Er sei einer der weltweit bedeutendsten Intelektuellen unserer Zeit und suche nicht nur den innerkirchlichen, sondern auch den interreligiösen, interkulturellen und internationalen Dialog.
Bernadette Droste, eine der sieben Initiatoren der Privatintitiative, wünscht sich mehr Offenheit für die Person und die Botschaft des Pontifex: "Benedikt hat etwas zu sagen. Es ist eine mitunter unbequeme Botschaft. Sie mag manchem nicht zeitgemäß erscheinen, weil sie zeitlos ist. Man muss sie nicht teilen. Aber man sollte sie anhören, aufmerksam hinhören, was der Papst aus Deutschland der Bevölkerung in Deutschland zu sagen hat."
Rund 280 Unterzeichner haben sich an der Aktion beteiligt. Ihre Namen stehen kleingedruckt auf der rechten Seite. Darunter sind Landwirte, Konditormeister oder frühere Fußballnationalspieler, aber auch Künstler, Wissenschaftler, Autoren, Vertreter der Diplomatie, ehemalige Staatssekretäre sowie Minister und frühere Ministerpräsidenten. Auch Wolfgang Baake, Geschäftsführer des Christlichen Medienverbundes KEP, unterstützt die Intitiative.
Kauder: Boykott beschämend
Auch etliche Politiker haben in den vergangenen Tagen dazu aufgerufen, dem Heiligen Vater mit Respekt zu begegnen. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa), er wünsche sich ein Stück mehr Respekt und Würde von den Parlamentariern anlässlich der Rede vor dem Bundestag.
Unionsfraktionschef Volker Kauder weist in einem Gastkommentar für die "Bild am Sonntag" darauf hin, dass der Papst "auch als Staatsoberhaupt" nach Deutschland komme. "Er wird in dieser Funktion im Bundestag sprechen – als erster Papst überhaupt." Seine Rede sei eine Ehre für das Parlament. Den geplanten Boykott etlicher Oppositionsabgeordneter bezeichnet Kauder als "beschämend". "In einer Demokratie kann jeder Kritik an einer Person äußern. Man muss ihm aber zuerst zuhören. Das ist ein Gebot des Anstands – und gerade einem deutschen Papst gegenüber sollten sich alle Parlamentarier daran erinnern." Dies sage er ausdrücklich als evangelischer Christ, so Kauder.
Bundeskanzlerin Angela Merkel erhofft sich vom Papstbesuch in Deutschland vor allem eine Annäherung von katholischen und evangelischen Christen. Es sei "wichtig, die Einheit der Christen in unserer Zeit wieder zu betonen, denn die Säkularisierung schreitet voran, und das Gemeinsame des christlichen Glaubens sollte immer wieder in Erinnerung gerufen werden", sagte sie in ihrer wöchentlichen Videobotschaft. Sie ist davon überzeugt, dass der Besuch auch in Erinnerung rufen werde, wie sehr Deutschland und Europa vom christlichen Glauben geprägt seien.
Rede vor dem Parlament ist Premiere für Benedikt XVI
Im Vatikan sieht man den politischen Streit in Deutschland um die Bundestagsrede von Benedikt XVI. gelassen. Wenn Abgeordnete nicht damit einverstanden seien, dass Benedikt am 22. September vor dem Bundestag rede, "dann ist das etwas, was uns nicht betrifft", sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Freitag in Rom. Nicht höflich und nicht freundlich wäre es aus seiner Sicht allerdings, wenn Kritiker des Papstes während der Rede im Bundestag den Saal verließen. Lombardi wies außerdem darauf hin, dass eine Rede des Kirchenoberhaupts vor einem Parlament unüblich sei. Dies habe Benedikt noch nie getan. (pro/dpa)