"Das haben wir auch jenen anzubieten, die bis jetzt mit dem Evangelium nicht in Berührung gekommen sind oder diesen Bezug aus irgendeinem Grund verloren haben", führt der 55-Jährige aus. Den Atheismus in seinem Bistum Berlin empfindet der Theologe als Chance, "unsere Botschaft in die Welt zu tragen". Für Christen gelte es, dem Atheismus den Gottglauben als Alternative und Angebot entgegenzuhalten – "damit dieser Glaube als das Überzeugendere angenommen wird".
Zu Woelkis Zielen gehört es auch, für den Religionsunterricht zu kämpfen: "Der Religionsunterricht eröffnet gerade mit Blick auf die Werte-Diskussion eine ungeheure Chance, die in der alten Bundesrepublik zum Segen unseres Landes genutzt werden konnte", so der Neu-Berliner. Mit theologisch Andersdenkenden will Woelki in einen respektvollen Dialog treten: "Jeder soll sagen dürfen, was ihn bewegt und welche Sorgen er sich um den Glauben macht." Dabei gebe es aber auch Dinge, die nicht verhandelbar seien: „Der Kirche sind ihre Voraussetzungen vorgegeben, sodass ein Dialog auch Grenzen hat."
Auf Christus als Mitte ausrichten
In der schwierigen Zeit, in der sich die Kirche derzeit befinde, hänge alles davon ab, "dass wir uns auf die Mitte hin ausrichten, auf Christus". Kirche will Woelki aufgrund des Priestermangels nicht nur auf das Pfarrhaus reduziert wissen. Sie sei überall, "wo einer seinen Glauben überzeugend lebt, in der Öffentlichkeit, in der Schule, am Arbeitsplatz. Was am Sonntag gefeiert wird, muss sich im Alltag auswirken". Für die starke Zunahme der Kirchenaustritte macht er eine schon längere Zeit wirkende Entfremdung verantwortlich, zu der die Missbrauchsfälle ihr Übriges getan hätten
Auch zum Islam bezieht der Theologe Stellung: "Ich habe gar nichts gegen den Islam, Muslime sollen hier ihren Glauben leben und praktizieren. Wir sind ein freiheitlich-demokratischer Staat mit Religionsfreiheit. Insofern gehören Muslime hier zu uns nach Deutschland. Das muss natürlich unter dem geschehen, was die Verfassung vorgibt."
Die öffentliche Meinung über Woelki, der zuvor Weihbischof in Köln war, ist gespalten. Ein Teil der Christen erhofft sich durch und mit ihm einen christlichen Neuaufbruch, reformorientierte Gläubige befürchten, dass sich der Nachfolger von Kardinal Georg Sterzinsky als "Hardliner" betätigen werde. (pro)