„Die Medien wollen Islamkritik unterbinden

Islamkritik darf auch nach den Anschlägen von Norwegen nicht tabuisiert werden. Darüber waren sich die Schriftstellerinnen Monika Maron und Necla Kelek in einem gemeinsamen Interview mit der "Welt" einig. Sie sprachen auch über die neuen Kontroversen um Thilo Sarrazin, der jüngst bei Dreharbeiten aus dem Berliner Stadtteil Kreuzberg vertrieben worden war.
Von PRO

"Ich bin fassungslos über diesen Terror, und mich bewegt das unendliche Leid der Menschen in Norwegen", sagte die islamkritische Autorin Necla Kelek in dem Gespräch. "Leider nimmt die Debatte in Deutschland trotz anfänglicher Zurückhaltung nun wieder bittere Züge an", so Kelek. "Jahrelang haben die Parteien das Thema Integration kleingeredet, jetzt versucht man, die Auseinandersetzung mit einer Weltreligion wieder einmal zu tabuisieren. Und stereotyp wird das Kitschbild einer friedlichen multireligiösen Gesellschaft gezeichnet, das angeblich von ein paar unbelehrbaren Panikmachern und Hasspredigern mit Dreck beworfen wird."

Auch Monika Maron ist darüber beunruhigt, dass "von einer ‚bürgerlichen Mitte‘ gesprochen wird, die einem irren Massenmörder den Boden bereitet hat". Sie befürchtet, dass auf diese Weise nicht opportune Meinungen unterdrückt werden, weil "ein Wahnsinniger wie Breivik sich seinen Wahn in allem suchen kann, was an Gedanken durch die Welt fliegt. Er wird bei Kafka ebenso fündig wie bei Churchill oder Merkel oder sonst wem im Internet", so ihre These. "Die Kritik am Islam – also am politischen Anspruch einer Religion, an einem archaischen Rechtssystem, an der Missachtung und Unterdrückung der Frauen – in die Verantwortung für den terroristischen Akt eines Geisteskranken zu nehmen, ist infam."

Maron wehrt sich damit gegen die zahlreichen Stimmen in der deutschen Publizistik, die islamkritischen Autoren wie Henryk M. Broder oder eben Necla Kelek eine indirekte Mitschuld an den Anschlägen in Norwegen attestieren. "Wenn morgen ein Irrer ein Atomkraftwerk bombardiert, weil er beweisen will, dass Atomkraftwerke wirklich gefährlich sind, sind dann die Grünen dafür verantwortlich?", fragt sie. "Will jemand die Kritik am Kapitalismus und an Banken verbieten, weil linke Randalierer nachts Autos anzünden?"

"Medien bedrohen islamkritische Stimmen"

Necla Kelek ergänzt, dass es vielen Medien nicht um das bessere Argument ginge, sondern darum, den "Gegner vorzuführen, niederzuschreiben und eine Debatte zu verunmöglichen." Als Folge könne es keinen sachlichen, sondern nur noch einen ideologischen Diskurs geben. "Was zur Zeit an Verbindungen konstruiert, an persönlichen Beleidigungen, üblen Nachreden, Drohungen gegen islamkritische Stimmen durch die Medien geistert, erfüllt zum Teil strafrechtliche Tatbestände", findet Kelek.

Die beiden in Berlin lebenden Autorinnen diskutierten auch die jüngsten Kontroversen um Thilo Sarrazin. Der Verfasser des Bestsellers "Deutschland schafft sich ab" war vor einigen Tagen bei Dreharbeiten für eine ZDF-Reportage aus einem türkischen Restaurant im Berliner Stadtteil Kreuzberg geworfen worden. Medien und Politiker hätten Sarrazin bei der Buchveröffentlichung vor einem Jahr auf eine Art und Weise zur "Unperson" erklärt, die nicht nur "unmoralisch, sondern auch gefährlich" sei, erklärte Maron.

Die Schuld für die unproduktive Diskussionskultur sieht Kelek auch bei den "politisierten Muslimen", die zu bestimmen versuchten, wie man über sie zu reden habe. "Wer sie kritisiert, ist schnell ein Rassist. Sie nutzen aus, dass man sie verstehen und ihnen helfen will. Doch es scheint ihnen eher darum zu gehen, die eigenen Interessen durchzusetzen", erklärte Kelek. "Sie hindern auch ihre eigenen Milieus, die Welt reflektierend und selbstkritisch zu betrachten und als eigenverantwortliche Bürgerinnen und Bürger aufzutreten."

"Muslime stellen sich als Opfer dar"

Die Bevölkerung habe gespürt, dass Thilo Sarrazin in seinem Buch den "richtigen Ansatz" gehabt habe, so Kelek über den Erfolg von "Deutschland schafft sich ab". "Der Erfolg von Sarrazins Buch ist ein Misstrauensvotum der Bürger gegenüber der bisherigen Einwanderungs-, Sozial- und Bildungspolitik." Es sei tabu, darauf hinzuweisen, dass in manchen Moscheen von einer Integration in die "unreine deutsche Gesellschaft" abgeraten werde. Kelek berichtete, dass sie es oft erlebe, dass Muslime sich als Opfer darstellten.

Die Publizistin erklärte außerdem, dass in der islamischen Kultur die Familie, das Kollektiv und die religiöse Tradition wichtiger seien als die individuelle Freiheit. "Die Geschlechtertrennung zum Beispiel ist immer noch Wirklichkeit", sagte sie, "Mädchen müssen zu Hause bleiben, während die Jungs die Straße beherrschen". Politiker würden sich unzureichend bemühen, das Problem anzugehen: "Geschlechter-Apartheid ist aber für Grüne wie die Berliner Christian Ströbele und Özcan Mutlu kein Thema."

"Ich bin froh, dass er das Buch geschrieben hat, denn endlich wurde ausgesprochen, was ohnehin gedacht und gemurmelt wurde", ergänzte Maron. Leider sei die politische Debatte aber wieder dort, wo sie vor Sarrazins Buchveröffentlichung war: "Es geht wieder nur um Bildungs- und Sozialpolitik, die kulturellen und religiösen Traditionen als Quelle der meisten Probleme werden ignoriert, sogar schöngeredet. Bildung allein bewahrt aber nicht vor religiösem Fanatismus." (pro)

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