Sexuelle Vielfalt in der Grundschule?

Berliner Schüler sollen künftig besser über unterschiedliche sexuelle Orientierungen aufgeklärt werden. Das Material der Kampagne sorgt in der Hauptstadt für Diskussionen.
Von PRO

Diese Woche beginnt in Berlin eine neue Aufklärungskampagne, die sich an Schüler verschiedener Altersklassen, aber auch an Eltern und Lehrer richtet. Die Erstklässler lernen künftig neben Lesen, Schreiben und Rechnen auch einiges zum Thema sexuelle Vielfalt. So sollen mittels Märchen und Geschichten schon Grundschulkinder mit Rollen-Klischees, Andersartigkeit oder unkonventionellem Zusammenleben konfrontiert werden. Dadurch wollen die Initiatoren mehr Verständnis für andere Lebensformen und sexuelle Orientierungen bei den Kindern wecken. Wolfgang Büscher, Sprecher des deutschlandweiten Kinderprojekts Arche in Berlin und Mitautor des Buches "Deutschlands sexuelle Tragödie", kommentiert das Projekt gegenüber pro: "Für fast alle Kinder ist das viel zu früh. Wenn Kinder von sich aus Fragen stellen, dann muss man ihnen auch Antworten geben. So jedoch wird man sie verunsichern und ihre Eltern werden entmündigt. Mich erinnert diese Form der Aufklärung eher an eine Manipulation der Kinder. Ist das gewollt?"

"Wir zeigen alles, was heute Realität ist", zitiert die "B.Z." die Leiterin der Initiative, Conny Kempe-Schälicke. Es gehe darum, die vielfältigen Lebensmodelle der heutigen Gesellschaft darzustellen. "Weg von der klassischen Vater-Mutter-Kind-Familie, hin zu Modellen, in denen Kinder auch glücklich sein können. Denn das Einzige, was wichtig ist, ist eine liebevolle Umgebung", so Kempe-Schälicke gegenüber der "B.Z.". Homosexualität werde in diesem Rahmen nicht besonders herausgestellt.

Grundlage der Aufklärungskampagne ist ein Senatsbeschluss von 2009, der zum Ziel hat, Diskriminierung wegen sexueller Identität und damit Ausgrenzung und Gewalt zu verhindern. Beate Stoffers, Sprecherin der Senatsbildungsverwaltung, erklärt gegenüber dem "Tagesspiegel", die Herangehensweise an das Thema Sexualität sei eine spielerisch-normale. Kinder seien in diesem Alter noch aufgeschlossen, das nutze man aus. Die Aufklärung über verschiedene Lebensentwürfe solle deshalb früh beginnen, weil Sexualität in diesem Alter kein "Kicherthema" sei. Es gehe um die Normalität des Anders-Seins, um Akzeptanz, um Geschlechterrollen. Die Kinder sollten soziale Kompetenz, Empathie und Sensibilität lernen.

Dabei bleibt es allerdings nicht: Nach Angaben von Kempe-Schälicke sollen Kinder auch verstehen lernen, "wie es ist, wenn man nicht genau weiß, ob man männlich oder weiblich ist. Als Jugendliche können sie sich dann bewusst für eine sexuelle Identität entscheiden, so wie für eine Religion". Das ist ein  klassischer Gedanke des Gender Mainstream. Verfechter der Gender-Theorie behaupten, dass jeder Mensch sein soziales Geschlecht sowie seine sexuelle Orientierung beliebig bestimmen kann.

Umstrittene Methoden in der Oberstufe

Zu der Kampagne "Sexuelle Vielfalt" gehört ein Eltern-Brief, der über Homosexualität aufklärt und zu Respekt aufruft. Er ist auch in türkischer und arabischer Sprache erhältlich. Die "B.Z." zitiert aus dem Brief: "Homosexualität ist nicht ansteckend. Ihr Kind wird nicht lesbisch bzw. schwul, wenn es sich mit diesem Thema beschäftigt." Die Materialien zur Aufklärung in der Oberstufe lesen sich weniger harmlos. Hier werden Jugendliche aufgefordert, Begriffe pantomimisch darzustellen wie: "Selbstbefriedigung“, "zu früh kommen" oder "Orgasmus". Die "B.Z." beschreibt einen Auftrag für ein Rollenspiel so: "Du bist Kemal, 25 Jahre. Du willst mit deinem Freund eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. Heute wollt ihr es deiner Mutter erzählen." Kempe-Schälicke sagt dazu: "Die Jugendlichen sollen sich damit auseinander setzen, dass das ganze Leben von Homosexuellen ein fortwährendes Outing ist." Der schulpolitische Sprecher der CDU, Sascha Steuer, kritisiert das Material: "Eine pantomimische Darstellung von Selbstbefriedigung gehört nicht an die Schule." Arche-Sprecher Büscher sieht solche Rollenspiele ebenfalls kritisch: "Wenn der Schüler Kemal nach dem Schulunterricht alleine nach Hause kommt und seinen strenggläubigen Eltern sagt, ich glaube, ich bin schwul, dann setzt es wahrscheinlich Hiebe. Eine pantomimische Darstellung der Selbstbefriedigung vor allen Mitschülern und einer Lehrerin halte ich für pervers. Die Schüler werden das mit Sicherheit ins Lächerliche ziehen und das Gegenteil ist damit erreicht."

Der Berliner Bildungssenator Jürgen Zöllner hat auf Nachfrage von pro bisher keine Stellungnahme zu dem Thema abgegeben. Lediglich die "B.Z." zitierte in der Dienstagsausgabe eine Sprecherin Zöllners: "Wir kannten diese Aufklärungsspiele bisher nicht und wussten auch nicht, dass sie über die Internetseite zu finden sind.“

Unterschiedliche Moralvorstellungen prallen aufeinander

Laut den "Hinweisen zu den Rahmenplänen für Unterricht und Erziehung in der Berliner Schule", einer Hilfestellung für Lehrer, wohnen 60 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Berlin mit ihren verheirateten Eltern zusammen. "Mindestens 40 Prozent der Kinder leben in anderen familiären Formen, die durch ledige Elternschaft, Trennungen, Scheidungen, Stiefelternschaft, durch das Aufwachsen von Kindern in gleichgeschlechtlichen Familienformen und durch Unterbringung außerhalb der Herkunftsfamilie entstehen."

Ein weiterer Aspekt ist die multikulturelle Zusammensetzung der Klassen: In Berliner Schulen lernen immer mehr Kinder und Jugendliche unterschiedlicher kultureller Herkunft miteinander. In der Schule spiegele sich daher "die Vielfalt der Normen und Werte in unserer Gesellschaft" wider. "Sehr verschiedene religiöse, kulturelle und ethische Moralvorstellungen" prallten hier aufeinander, heißt es in den Hinweisen zu den Rahmenplänen. Da "mindestens 5 Prozent aller jungen Menschen" eine gleichgeschlechtliche sexuelle Identität entwickelten, sei es wichtig, in der Schule ein Klima zu schaffen, das die Vielfalt sexueller Möglichkeiten achte. "Vorurteilsfreie Information kann junge Lesben, Schwule und Bisexuelle in ihrer Identitätsentwicklung fördern".  Büscher sieht das anders: "Man sollte Kindern in erster Linie Respekt vor allen Menschen und Gruppen vermitteln
 und sie im Unterricht nicht sexuell belästigen. Denn was anderes ist das nicht." Kleine Kinder 
zu manipulieren und Jugendliche durch Rollenspiele der Lächerlichkeit 
auszusetzen, hält er für töricht und realitätsfern. (pro)

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