De Maizière forderte Christen dazu auf, nicht nur "Reden zu halten, sondern sich einzumischen". Oft stünden sie dem Politikbetrieb skeptisch gegenüber. "Vorurteile" wie die Annahme, Politik sei geprägt von "Machtstreben, Kumpanei und Lagerdenken", bestimmten ihr Handeln. "Wir sind als Christen auch berufen, politisch in die Führung zu gehen", sagte der Verteidigungsminister vor einem Publikum von 200 geladenen Gästen in Berlin. Auch in Unternehmen gehörten Christen in Leitungspositionen: "In einer zunehmend säkularisierten Umgebung wird schnell sichtbar, wenn Christen am Werk sind – oder das sollte es zumindest", erklärte er weiter.
"Politiker sind keine Heiligen"
Öffentliche Ämter wie das des Politikers oder des Unternehmers werden von Christen seiner Meinung nach seltener angestrebt, weil sie mit sich brächten, dass Fehltritte öffentlich würden. Doch de Maizière beruhigte: "Politiker sind keine Heiligen – wenn sie es wären, würden sich nicht viele finden." Zugleich forderte er Christen aber auch dazu auf, sich in Zurückhaltung zu üben, wo andere in der Debatte den moralischen Zeigefinger höben. Selbst wenn es um die derzeit heiß diskutierte Präimplantationsdiagnostik oder die Zukunft der Atomkraft gehe, sollten Christen nicht im "Ton der Selbstgerechtigkeit" diskutieren, sondern andere Meinungen zulassen. Zudem müssten sie in der Lage sein, über ihren Glauben Auskunft zu geben. So erklärte de Maizière zur Debatte um den Islam in Deutschland: Der Ausspruch vom christlich geprägten Land sei weniger Zustandsbeschreibung als Ansporn. "Es liegt an uns, dass das auch so bleibt!"
De Maizière formulierte sieben Maßstäbe für christliches Handeln in der Wirtschaft, sei es politisch oder unternehmerisch. Zunächst sollten Christen umso vorsichtiger mit Sachverhalten umgehen, je mehr sie den Kern der Schöpfung berührten. Je irreversibler Entscheidungen seien, desto genauer müssten sie durchdacht werden. Christen stünden in der Verantwortung, nachhaltige Politik zu betreiben und sich für jedes neue Problem neue Sachkenntnis anzueignen. Zudem müssten sie überlegen, welches Vorgehen überhaupt mehrheits- und durchsetzungsfähig sei und zum Kompromiss bereit sein. Christen seien in der Pflicht, transparent und aufrichtig Auskunft über ihr Handeln zu geben. Und, fügte der Minister hinzu, es sei wohl auch nicht von Nachteil, wenn Christen künftig etwas fröhlicher durchs Leben gingen. Gläubige strahlten ihm derzeit zu wenig Zuversicht aus – sei es in der Kirche, oder im Beruf. (pro)