Gerade die radikal-islamischen Salafiten stoßen mit ihrer Musik bei vielen jugendlichen Migranten aus arabischen Ländern auf offene Ohren stoßen. Dies erklärt sich Müller damit, dass viele Jugendliche auf der Suche nach Identität seien. "Gerade vor dem Hintergrund ihrer Situation auch in der deutschen Gesellschaft, wo sich viele unterdrückt, nicht anerkannt fühlen", seien viele deshalb auch auf der Suche nach Informationen über den Islam. Diesen begriffen sie, auch wenn sie nicht besonders religiös seien, als einen wichtigen Aspekt ihrer Identität. Die Jugendlichen informierten sich in erster Linie im Internet, oft auch deshalb, weil sie sich nicht an ihren örtlichen Imam in der Moschee wenden könnten, "zum Beispiel, wenn der nicht genügend Deutsch versteht". Auch die Eltern seien oft nicht in der Lage, den Jugendlichen die Informationen zu geben, die sie sich wünschten.
Weil das Internet voll sei mit salafitischer Propaganda, stießen sie dort auf Videos von Salafiten, die erklärten, sie repräsentierten den wahren Islam. "Und dort ist so ein Sänger wie Abou Maleeq (der sich inzwischen auch als Islam-Prediger versteht, Anm. d. Red.) natürlich eine Figur, an der sich einige Jugendliche zumindest dann auch orientieren." Insbesondere salafitischen Musikern gehe es darum, "Jugendliche und junge Erwachsene zu mobilisieren bis dort hin, sie eben aufzufordern, nach Afghanistan in den Krieg zu ziehen".
Müller plädierte allerdings dafür, diese Musik von Islampop zu unterscheiden. Dies sei eine ganz andere Strömung und werde von Jugendlichen gehört, die aus ihrer Religion ein moralisch einwandfreies, ein gutes Leben in dieser Gesellschaft ableiteten. "Musik ist dann ein Feind der Demokratie", stellte der Islamwissenschaftler klar, "wenn sie dazu auffordert, andere abzuwerten, andere zu bekämpfen, andere zu diskriminieren, das heißt, Gleichheitsgrundsätze der demokratischen Gesellschaft in Frage zu stellen." Dazu diene diese Musik von radikalen salafitischen Strömungen in jedem Fall.
Auch Rechts- und Linksradikale nutzen Musik
Der Missbrauch von Musik zur Verbreitung extremistischer und menschenverachtender Ideologien stand auch im Mittelpunkt einer Fachtagung des brandenburgischen Verfassungsschutzes. "Diese Musik transportiert Feindbilder. Sie will vor allem junge Leute mit diesen Feindbildern infizieren und sie verfestigen. Sie dient als Einstiegsdroge, um junge Menschen in den Sog des Hasses hineinzuziehen", sagte der brandenburgische Innenminister Dietmar Woidke (SPD) zum Auftakt der Veranstaltung. Nicht selten seien damit Bedrohungen verbunden, die sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richteten.
Der brandenburgische Verfassungsschutz befasst sich nach einer Mitteilung des Innenministeriums in Potsdam vor allem mit dem Phänomen rechtsextremistischer Musik. Neben noch 23 rechtsextremistischen Bands gebe es in Brandenburg aber auch einige Punk-Bands, die im Zusammenhang mit Linksextremismus Hass gegen den Staat und vor allem Gewalt gegen die Polizei zu schüren versuchten. Und neuerdings nutzten auch Islamisten die Musik als Träger von Hass-Botschaften. (pro)