Während Gerichtsmediziner zu Recht einen festen Platz in deutschen Krimis besäßen, so Bräuer, spiele die Notfallseelsorge eine untergeordnete Rolle. Und das obwohl der Seelsorger Todesnachrichten überbringe, oft mit lebensmüden Menschen sprechen müsse oder sich Polizisten bei ihm ausweinten.
Eine stark reduzierte Lebenswirklichkeit
Es sei dramaturgisch verständlich, wenn Polizisten oder Ärzte die Helden verkörperten, andererseits würde so die Lebenswirklichkeit stark reduziert. Bräuer fragt: "Wie wäre es, wenn der "Tatort"-Kommissar nicht nur der harte Typ wäre, sondern sich auch als glaubender und betender Mensch zu erkennen gäbe?" Aus eigener Erfahrung wisse er, dass das Halten einer Hand oder eine gute Begegnung Nähe vermittele und daraus häufig ein bereicherndes Gespräch entstehen könnte.
Weil der Mensch neben dem Körper auch eine Seele besitze, habe er auch eine Sehnsucht nach Trost und Entlastung: "Nach evangelischem Verständnis ist der Mensch mehr als das Werk seiner Hände. Er ist mehr als seine Leistung und so ist er auch mehr als seine Fehlleistung. Diese Zusage, aus dem christlichen Menschenbild begründet, befreit von vielen Überforderungen und entlastet."
Seelsorgerliche Hilfe in Existenznöten
Die Notfallseelsorge sei eine Art kultureller Diakonie unabhängig von einer Kirchenmitgliedschaft, ergänzt der Theologe, "weil die Kirchen von der Erfahrung getragen werden, dass es Menschen gut tut, seelsorgerliche Hilfe in existenziellen Krisen in Anspruch zu nehmen". Eine Veränderung könnte es dann geben, wenn in Fernsehfilmen Familien gezeigt werden, die vor dem Essen beteten. Und vielleicht geht Bräuers abschließender Wunsch ja auch einmal in Erfüllung, wenn ein "Tatort"-Kommissar seinen Dialog so beginnt: "Bitte verständige den Notfallseelsorger. Ich hätte ihn gern dabei, wenn wir der Familie mitteilen müssen, dass ihre Tochter getötet worden ist." (pro)