Justin Bieber sitzt auf einem herzförmigen Stahlgerüst, spielt Gitarre und singt sanft seine Ballade "Favorite Girl". In rosafarbenem Scheinwerferlicht fliegt die Konstruktion mit dem Sänger, von Seilwinden gezogen, über die Köpfe tausender schreiender Mädchen, die ihre Arme nach dem Jungen ausstrecken. Es ist der Höhepunkt von Biebers Konzert am 31. August 2010 im legendären Madison Square Garden in New York City. Die 22.000 Tickets waren nach 20 Minuten ausverkauft.
Schnitt. Wenige Tage vor dem Konzert sitzt Bieber mit Freunden in einer kleinen Pizzeria. Vor dem Essen beten sie gemeinsam, danken für das Essen und die gemeinsame Zeit: "Danke für die Pizza und die Leute, die sie zubereitet haben", betet ein Junge, und Bieber ergänzt: "Danke, dass wir alle gute Freunde haben, mit denen wir rumhängen können und eine geniale Zeit haben."
Es sind diese zwei Szenen aus Biebers aktuellem Kinofilm, "Never Say Never", die das kontrastreiche Leben des gerade 17 Jahre alt gewordenen Sängers am besten illustrieren. Die Mischung aus Dokumentation und Konzertfilm begleitet Bieber bei den Vorbereitungen der Show, blickt zurück in seine Kindheit und offenbart die Ambivalenz des Ruhmes. Denn Bieber ist einer der größten Stars unserer Zeit, wird bereits mit Michael Jackson verglichen – und doch hat er die ganz normalen Bedürfnisse eines Teenagers nach Freiheit und Unbeschwertheit. Ganz normal war allerdings schon Biebers Kindheit nicht: hyperaktiv und unendlich talentiert, konnte er schon im Vorschulalter komplizierte Rhythmen trommeln, brachte sich das Gitarrespielen selbst bei, und stellte schließlich Videos von sich ins Netz, auf denen er unter anderem christliche Lieder sang. So wurde Bieber von seinem späteren Manager Scooter Braun entdeckt, der neben dem bekannten Soul- und Popsänger Usher zu seinen größten Förderern gehört. Biebers erste Single, "One Time", erschien im Juli 2009, landete auf Platz zwölf in Kanada und 17 in den USA. Das erste Album, "My World 2.0", stürmte in den USA, Kanada und Australien auf Platz 1 der Charts, erhielt mehrfach Platinstatus für die hohen Verkaufszahlen. Musikalisch liefert Bieber eine Mischung aus Rhythm and Blues und Pop, die wenig originellen Texte im Boyband-Stil handeln von Liebe und Freundschaft. Das kommt gut an bei Biebers Kernzielgruppe – Mädchen zwischen sechs und 16. Anders als junge Talente wie Miley Cyrus hatte Justin Bieber beim Start seiner Karriere keinen Großkonzern hinter sich, der für das nötige Marketing sorgte. Der junge Künstler tourte quer durch Amerika von einem Radiosender zum nächsten, um bekannt zu werden – mit Erfolg. Bieber versorgt seine Fans über das Internet mit den neuesten Informationen, insbesondere über den Kurznachrichtendienst Twitter lässt er seine Fans stets wissen, wo er sich befindet. Erst kamen 20 Mädchen, dann 50, plötzlich sind es tausende. Heute füllt Bieber die größten Konzerthallen, drei Prozent des weltweiten Datenverkehrs über Twitter sind auf ihn zurückzuführen.
"Ich bin ein Christ, ich glaube an Gott"
Allein die direkten Einnahmen Biebers werden auf bisher 100 Millionen Dollar geschätzt. Zum 17. Geburtstag bekam er von seiner Mutter ein 1,7 Millionen Dollar teures Appartement in Los Angeles. In seinem Elternhaus im kanadischen Städtchen Stratford muss Bieber sein Zimmer nach wie vor selbst aufräumen. Hier liegen auch die Wurzeln seines Glaubens. Die Eltern trennten sich kurz nach der Geburt, Bieber lebte bei seinen Großeltern und seiner Mutter, einer wiedergeborenen Christin, die ihn regelmäßig mit in die Gemeinde nahm und dafür betete, dass Gott ihren Sohn zu großen Dingen gebrauchen möge. Der Glaube an Jesus Christus ist Bieber bis heute wichtig, er gebe ihm Kraft, mit dem Rummel um seine Person umzugehen: "Ich glaube, dass Jesus ans Kreuz genagelt wurde und gestorben ist, um mich von meinen Sünden zu erlösen", sagte Bieber 2010 gegenüber der "Associated Press". "Ich glaube, dass ich eine Beziehung zu ihm habe und ich kann mit ihm reden." Bieber ist eindeutig zum Musiker berufen – und dies lebt er bisher sehr glaubwürdig und sympathisch. Den Eindruck, dass hier ein junger Mann um seine Jugend betrogen und von der Musikindustrie wie eine Apfelsine ausgepresst wird, gewinnt man nicht. Vielmehr macht gerade Biebers Film offensichtlich, dass jeder Versuch, dieses Energiebündel zu bremsen, zum Scheitern verurteilt wäre. Auf seinen Reisen wird Biber von seiner Mutter und einem Privatlehrer begleitet, der Rest des Teams gehört quasi zur Familie: die mütterliche Gesangslehrerin, der coole Stylist und die strengen Bodyguards, die Bieber nicht nur vor den hysterischen Fans schützen, sondern auch aufpassen, dass er sich benimmt. Vor jedem Konzert stellt sich diese Gruppe im Kreis auf, dankt Gott und bittet um Gelingen.
Bieber steht erst am Anfang seiner Karriere
Justin Biebers "Never Say Never" ist seit Mitte März der erfolgreichste Konzertfilm aller Zeiten. Bieber hat vier American Music Awards gewonnen, war zwei mal für den Grammy nominiert, zierte die Cover von "Rolling Stone" und "Vanity Fair", ist im Weißen Haus vor den Obamas aufgetreten. Weitere Erfolge, da sind sich die Kritiker sicher, liegen noch vor ihm. Denn der Sänger mit der charakteristischen Frisur ist mehr als ein vergängliches Popsternchen: "Über Justin Bieber werden wir noch in 20 Jahren reden", urteilt der "stern", "er könnte Superhits liefern wie einst Michael Jackson." Der Titel seiner im Februar auf Deutsch erschienenen Autobiografie trifft es auf den Kopf: "Erst der Anfang – Mein Leben". (pro)
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