Nicht weitermachen, als wäre nichts passiert“

Thomas Gottschalk verlässt "Wetten, dass..?". Auslöser für den Rückzug des beliebten TV-Moderators ist der folgenschwere Sturz des Wettkandidaten Samuel Koch in der Dezembersendung. "Seitdem liegt auf der Show ein Schatten", sagte Gottschalk am Samstag in der Live-Sendung aus Halle. 
Von PRO

Die Fans von "Wetten, dass..?" hatten mit Spannung die Entscheidung von Gottschalk erwartet. Dass die Sendung außerdem ihren 30. Geburtstag feierte, ging daneben fast unter. Der TV-Entertainer verkündete seinen Beschluss auf dem Sofa, von dem aus er seit knapp 24 Jahren die Sendung moderierte. Von hier aus habe er immer nur gute Laune verbreiten wollen, leitete er seine Ankündigung ein. Dies sei in der Dezembersendung nicht gelungen. "Es ist beim letzten Mal alles anders gewesen als sonst. Meine Hoffnung, dass der Unfallschock ein kurzer sein würde, hat sich leider nicht erfüllt. Ich bin sehr froh zu wissen, dass Samuel uns heute zuschaut", sagte der Entertainer.

Gottschalk berichtete den über zehn Millionen Zuschauern von seinem Besuch bei Samuel Koch am Mittwoch. Samuel lasse "allen, die sich in Briefen und Gebeten um ihn gesorgt haben", seinen Dank ausrichten. Samuel wolle dem Publikum auch sagen, dass er kein adrenalinsüchtiger Junkie sei, sondern sich mit fast 500 Probesprüngen sorgfältig auf die Wette vorbereitet hätte. Der 23-Jährige zerbreche sich den Kopf immer noch darüber, was schief gelaufen sei, die Zuschauer und das Team von "Wetten, dass..?" bräuchten dies aber nicht zu tun, teilte Gottschalk mit. Samuel ist seit dem Unfall bei "Wetten, dass..?" vom Hals abwärts gelähmt.

"Es liegt ein Schatten auf der Sendung"

Er selbst könne dennoch nicht weitermachen, als wäre nichts passiert: "Für mich liegt auf dieser Show ein Schatten, der es mir schwer machen würde, zu der guten Laune zurückzufinden, die Sie zu Recht von mir erwarten", sagte der Moderator.

Er wolle allerdings nicht in diesem traurigen Zusammenhang in Erinnerung bleiben, sondern betreue noch die laufende Staffel und verabschiede sich mit der Sommersendung aus Mallorca. Und Gottschalk wäre nicht der Entertainer, als den wir ihn kennen, wenn er seinem Abschied nicht einen humorigen Anstrich gegeben hätte: "Irgendwann wäre es sowieso passiert, es ärgert mich persönlich nur, dass Mubarak mich geschlagen hat", sagte der 60-Jährige.

ZDF-Intendant Markus Schächter zollte Gottschalks Entscheidung Anerkennung und Respekt: "Ich bedauere die Entscheidung von Thomas Gottschalk sehr. Zugleich respektiere ich sie, ihre Begründung und auch den Zeitpunkt. Wir haben Thomas Gottschalk sehr viel zu verdanken. In seiner unverwechselbaren Mischung aus fröhlicher Neugier, Schlagfertigkeit, intelligentem Wortwitz und Professionalität ist er seit einem Vierteljahrhundert der perfekte Gastgeber für Europas größte und erfolgreichste Unterhaltungssendung."

Im Interview direkt nach der Live-Sendung verriet ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut, Gottschalk habe ihm bereits vor Weihnachten seine Entscheidung mitgeteilt. "Ich hatte gehofft, er würde es sich über die Feiertage nochmal überlegen, aber es ist seine souveräne Entscheidung", sagte Bellut. Der Programmdirektor setzt nun seine Hoffnung darauf, dass das Publikum den "Wetten, dass..?"- Moderator zum Bleiben überredet.

Volksmoderator ohne Scheu vor persönlichem Bekenntnis

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) bezeichnete Gottschalk in ihrer Onlineausgabe am heutigen Sonntag als "Volksmoderator". FAZ-Autor Michael Hanfeld lobte dessen Schlagfertigkeit und Menschenfreundlichkeit und stellte die Frage, wer sonst ohne Scheu vor einem persönlichen Bekenntnis über den Besuch der Passionsspiele in Oberammergau hätte berichten können.

Der katholische Entertainer hatte im August 2010 über seinen Besuch bei den Oberammergauer Festspielen geschrieben: "Es fällt mir oft schwer, an den allgegenwärtigen, dreieinigen Schöpfergott zu glauben, an die Hölle will ich nicht und an die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel kann ich nicht glauben. Und dann kommt ein Oberammergauer in Jesuslatschen auf die Bühne, und es geht mir wie dem ungläubigen Thomas, der seine Finger in die Seite des Herrn legen darf." Gottschalk beschrieb damals, wie er zur Pause bereit gewesen sei, "sein Glaubensbekenntnis zu erneuern" und endet den Bericht mit den Sätzen: "’Selig, die nicht sehen und doch glauben‘, hat Jesus zu meinem Namensvetter gesagt. Wenn man allerdings ein bisschen was sehen darf, fällt es doch leichter. Ich wünschte mir nur, dass die anderen Hilfstruppen des lieben Gottes ihre Sache ebenso gut vertreten würden wie seine Kinder aus Oberammergau."

In diesem Jahr wird Gottschalk noch zwei reguläre "Wetten, dass..?"-Sendungen und die Sommerausgabe aus Mallorca moderieren. Im Herbst folgen drei Spezialausgaben von "Wetten, dass..?", die neben aktuellen Gästen und Wetten noch einmal auf Höhepunkte der Show aus den letzten drei Jahrzehnten zurückblicken.

Danach wolle man eine Pause einlegen, so Programmdirektor Bellut. "Dies ist ein Einschnitt in der Geschichte von Wetten, dass..?". Es sei bisher kein konkreter Nachfolger im Gespräch. Thomas Gottschalk habe die Sendung so lange geprägt, das müsse man "erstmal absacken" lassen. (pro)

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