Schäuble: „Sünde hat Menschen im Griff“

"Die soziale Marktwirtschaft hat entscheidend mit dem christlichen Menschenbild zu tun", findet Finanzminister Wolfgang Schäuble. Sie respektiere die Freiheit des Menschen, zeige ihm aber dort, wo er in der Sünde gefangen sei, Grenzen und Regeln auf, erklärte der CDU-Politiker am Montag in Berlin.

Von PRO

Im Rahmen eines Kongresses der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag zum Thema "Christliches Menschenbild und soziale Marktwirtschaft" erklärte Schäuble: Seit der Vertreibung aus dem Paradies, habe die Sünde den Menschen fest im Griff. Das habe nicht zuletzt die globale Finanzkrise gezeigt. "Die Menschheit wird am Ende nicht klüger", sagte der Minister. Schon jetzt wirkten wieder dieselben Mechanismen wie vor der Krise. Auch deshalb sei es die Aufgabe der Politik, die Kräfte zu stärken, die den Menschen dazu befähigten, sich ethisch verantwortungsvoll zu verhalten, denn "der Markt an sich ist nicht moralisch".

Schäuble plädierte deshalb für eine Stärkung der christlichen Kultur in Deutschland. Nicht finanzielle Armut sei das größte Problem der deutschen Gesellschaft, sondern eine "Entwurzelung". Sich entsprechend des christlichen Menschenbildes zu verhalten, bedeutet für Schäuble allerdings auch, "die Welt zwischendurch auch aus der Sicht des Anderen zu betrachten". In Zeiten der Globalisierung dürften Christen in Europa sich nicht selbst "verabsolutieren", sondern müssten ein Verständnis für die Perspektive anderer Kulturen entwickeln. Auf dem globalen Markt sei es "eine große Chance", etwa die Sicht der Muslime zu verstehen.

"Niemand spricht mehr vom Schöpfer"

An der Veranstaltung nahmen neben Schäuble auch die Beauftragte der Unionsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Maria Flachsbarth, die stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Ingrid Fischbach, der CSU-Politiker Bartholomäus Kalb, Weihbischof Anton Losinger, der stellvertretende Vorsitzende der Sozialkammer der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, Peter Weiß, teil. Es war die zweite Veranstaltung der Fraktion in der Reihe "Das ‚C‘ ist für uns Programm".

Flachsbarth erklärte, auch die Wirtschaftsordnung bedürfe "innerer Ideale". Solidarität ließe sich nicht "in Euro und Cent" messen. Auch deshalb dürfe das christliche Menschenbild nicht aus dem Blick geraten. Für Bartholomäus Kalb ist dies jedoch vielerorts schon geschehen. Er stellte einen Verlust des Religiösen in der Politik fest: "Es wird viel von Verantwortung für die Schöpfung gesprochen, aber niemand spricht mehr vom Schöpfer."

Kirchen: Monopol auf moralische Fragen

"Die Kirchen müssen sich öffentlich äußern", erklärte der Theologe Bedford-Strohm. Im Grunde drehten sich die meisten tagespolitischen Themen im Kern um moralische Fragen. Es gebe, abgesehen von den Kirchen, kaum Institutionen, die ethische Themen diskutierten und reflektierten. Deshalb habe Kirche auch heute noch sehr viel zur Politik beizutragen.

Für Weihbischof Losinger entspricht die soziale Marktwirtschaft der christlichen Soziallehre, rücke sie doch den Menschen und dessen Würde in den Mittelpunkt des Geschehens. Dieser Grundgedanke habe die soziale Marktwirtschaft zu einem "Exportschlager" und der "erfolgreichsten Wirtschaftsordnung, die es je auf deutschem Boden gab" gemacht. (pro)

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