Lindner fordert „weltanschaulich neutralen Staat“

FDP-Generalsekretär Christian Lindner hat sich in der am morgigen Mittwoch erscheinenden "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" dafür ausgesprochen, durch weltanschaulich neutrales Recht das Miteinander in einer multireligiösen Gesellschaft zu befrieden.
Von PRO

"Wenn man eine Republik stärken will, dann ist damit keine Schwächung der Religion beabsichtigt", sagte Lindner. "Erst der weltanschaulich neutrale Staat kann doch befrieden, indem er mit allen Religionsgemeinschaften kooperiert, die seine Regeln akzeptieren." Der Staat fördere so das persönliche Bekenntnis der Bürger. Zur Positionierung der FDP im Jahr 1974 sagte er: "Die laizistische Forderung nach der freien Kirche im freien Staat wäre mir heute zu konfrontativ." Man müsse das aus der historischen Situation verstehen, in der die Kirche dominaten Player waren. "Heute geht es darum, durch weltanschaulich neutrales Recht das Miteinander in einer multireligiösen Gesellschaft zu befrieden."

Demnächst "Kirchensteuer" von Muslimen?

Auf die Frage, ob in einer kosmopolitischen und multireligiösen Gesellschaft die Kirchensteuer-Regelung reformiert werden müsse, sagte der FDP-Generalsekretär: "Ich finde die Forderung des Theologen Friedrich Wilhelm Graf nach einem Religionsverfassungsrecht beachtlich, weil so religiöse Bekenntnisse ohne exklusive Bevorzugungen gefördert werden können. Denkt man das konsequent, dann könnte der Staat irgendwann bei Muslimen ein Pendant zur Kirchensteuer einziehen und einen staatlichen Religionsunterricht sicherstellen." Derzeit zieht der Staat nur für Glaubensgemeinschaften Kirchensteuer ein, die den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzen, also etwa die katholische oder evangelische Kirche.

Auch staatliche Zuwendungen über die Kirchensteuer hinaus stellte Lindner infrage. "Eine nüchterne Debatte über das Staatskirchenrecht ist kein antiklerikaler Affekt. Nach über 200 Jahren dürfen Regelungen und Zahlungen hinterfragt werden. Es muss zudem besprochen werden, welche Privilegien auch andere Religionsgemeinschaften irgendwann beanspruchen dürfen", sagte er.

Die beiden großen christlichen Kirchen erhalten nach eigenen Angaben jedes Jahr staatliche Leistungen in Höhe von rund 460 Millionen Euro. Die Zahlungen gelten als Kompensation für Enteignungen in früheren Jahrhunderten. (pro/dpa)

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