Glaubens-Drama begeistert Filmkritiker

Am Donnerstag ist das Drama "Von Menschen und Göttern" in den deutschen Kinos gestartet. Der bewegende Film handelt von französischen Mönchen, die 1996 in Algerien ermordet wurden. Die Kritiken sind durchweg positiv, die Macher hoffen auf einen "Oscar".
Von PRO

"Des hommes et des dieux", wie der französische Film im Original heißt, erzählt die wahre Geschichte französischer Trappistenmönche, die 1996 während des Bürgerkrieges in Algerien aus dem Kloster "Notre-Dame de l’Atlas" in Tibhirine verschleppt und ermordet wurden. Die Mönche lebten friedlich mit der muslimischen Dorfgemeinschaft zusammen, bis Islamisten versuchten, die Macht zu ergreifen, was von der algerischen Armee verhindert wurde. Die genauen Umstände, unter denen sieben der neun Geistlichen erst entführt und später enthauptet wurden, sind bis heute unklar. Es wird vermutet, dass sie Opfer der islamistischen "Groupe Islamique Armé" wurden – es gibt jedoch auch Spekulationen über eine Beteiligung des algerischen Militärs.

Im Film steht weniger der Krieg, als vielmehr der Glaube der Mönche im Mittelpunkt. Sie waren als Christen fest in die muslimische Dorfgemeinschaft integriert, arbeiteten als Ärzte oder Lehrer und pflegten persönliche Freundschaften. Das Publikum bekommt einen Einblick in den Alltag der Trappisten, sieht sie beten, singen – und auch an einem islamischen Beschneidungsfest teilnehmen. Sie lesen neben Franz von Assisi auch den Koran und bestellen das Feld, während von fern der Ruf des Muezzin erklingt. Ihr Glaube verträgt sich gut mit dem moderaten Islam Tibhirines. Als dann aber die Islamisten versuchen, die Macht in Algerien an sich zu reißen, wird dieser Friede gestört – das stößt  auch auf Unverständnis bei den gemäßigten Muslimen. "Diese Schweine" urteilt ein Dorfbewohner über die Extremisten, die ein Mädchen ermordet hatten, weil es keinen Schleier trug. Die Grausamkeiten der Islamisten, die den Film bestimmen, bleiben meist abstrakt. Die Gräueltaten werden nicht gezeigt, beginnen als beunruhigende Berichte aus der Ferne, rücken dann immer näher. Nur einmal bekommt der Zuschauer die Brutalität tatsächlich zu sehen: Beim Überfall auf kroatische Bauarbeiter, denen zum Teil die Kehle durchgeschnitten wird.

Film besticht durch zwei Highlights

Im Kontrast zu der ruhigen und langsamen Erzählweise des Films stehen zwei herausragende Momente. Am Heiligabend überfällt ein Terrorkommando das Kloster auf der Suche nach Medikamenten, sie wollen auch Bruder Luc (Michael Lonsdale, bekannt aus "James Bond: Moonraker"), den Arzt, mitnehmen. Bruder Christian (Lambert Wilson, "Matrix Revolutions"), der Klostervorsteher, verweigert dies todesmutig. Bruder Luc sei selbst krank, und die Medikamente würden für die "islamischen Brüder im Dorf" gebraucht. Verwundete könnten aber jederzeit selbst vorbeikommen, um behandelt zu werden. Diesen Mut respektiert der sonst so skrupellose Rebellenführer. Sie ziehen ab – nicht, ohne vorher von Bruder Christian auf die Bedeutung des Weihnachtsfestes aufmerksam gemacht worden zu sein.

Der zweite besondere Moment, der den Zuschauern in Erinnerung bleiben wird, ist das letzte Abendmahl der Mönche: Zur Musik von Tschaikowskis "Schwanensee", die aus einem alten Kassettenrekorder schallt, lachen und weinen die Brüder in der bitteren Gewissheit, dass das Ende nahe ist. Der Film lebt förmlich von der Güte, die die Männer durch ihre Mimik ausstrahlen. Besonders die Leistungen von Lambert Wilson, Michael Lonsdale und Olivier Rabourdin ("96 Hours") sind hier hervorzuheben. Diese Szenen entschädigen für einige Längen in der Erzählstruktur, die Regisseur Xavier Beauvois aber bewusst eingebaut hat.

Erfolg im Feuilleton und an der Kinokasse

Mehr als drei Millionen Kinobesucher lockte "Von Menschen und Göttern" bislang in die französischen Kinos. Der Film hat durchaus Potential, in Deutschland ebenfalls zum Publikumsmagneten zu werden – das denken auch die Kritiker der großen Zeitungen. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" beurteilte den Film als "großartig", die "Welt am Sonntag" schließt sich dem an: "Dieser Film zeigt, welche spirituelle Kraft dieses Christentum hat." Es liege "Sprengkraft" in einem Glauben an das Gute im Menschen, an eine Welt, die anders in Gang gehalten werden könnte als durch das Streben nach Macht und Geld." Der "Spiegel" fasst zusammen: "Der Motor des Films ist der Kontrast zwischen der Ruhe und Bedächtigkeit im Kloster und der lodernden Mordgier draußen vor dessen Mauern." Die "Zeit" ist begeistert von den "theologischen Reflexionen" des Films: "Sollen sie das Land verlassen – oder sollen sie das Kreuz der Welt auf sich nehmen und der bedrängten Dorfbevölkerung beistehen? Sollen sie sich opfern, wie Jesus sich geopfert hat? Aber welchen Sinn sollte ihr Opfer haben? Einige Mönche stellen die Hiob-Frage, sie klagen und fragen, warum Gott sie leiden lässt und das Gemetzel duldet."

Die Versöhnung von Christentum und Islam ist ein klares Anliegen der Filmemacher – wie auch der echten Mönche von Tibhirine. In seinem Abschiedsbrief, der zum Ende des Films aus dem Off vorgelesen wird, dankt Bruder Christian seinen Mördern, und schließt ein Wiedersehen im Paradies nicht aus – "wenn Gott, der unser beider Vater ist, es will". Der Islamismus verleite zu einer karikierten Vorstellung des Islam, den er persönlich anders erlebt habe. Auch wenn die Mönche sich hier auf theologisches Glatteis begeben, ist bei dem Film doch die praktizierte christliche Nächstenliebe hervorzuheben.

Nach Cannes der "Oscar"?

Regisseur Xavier Beauvois durfte sich bereits über den "Großen Preis der Jury" beim Internationalen Filmfestival in Cannes freuen. 2011 könnte dieser Erfolg noch gesteigert werden: Frankreich schickt "Von Menschen und Göttern" ins Rennen um den Oscar als "Bester fremdsprachiger Film". Die Nominierungen werden am 25. Januar 2011 bekanntgegeben – dann wird sich zeigen, ob das Kloster-Drama auch Hollywood erobern kann. (pro) 

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