Größtes buddhistisches Zentrum Europas in Waldbröl geplant

Im nordrhein-westfälischen Waldbröl soll das größte buddhistische Zentrum Europas entstehen. Sowohl eine Freikirche vor Ort als auch die Landeskirche sehen den zukünftigen zahlreichen Besuchern der fremden Religion gelassen entgegen. Der ehemalige Buddhist Martin Kamphuis allerdings warnt davor, den Buddhismus als vollkommen harmlos für Christen anzusehen.
Von PRO
Der Oberbergische Kreis teilte kürzlich mit, die Genehmigung für den Umbau eines ehemaligen Bundeswehrzentrums in Waldbröl erteilt zu haben. Das Gebäude, das im Besitz des Bundes war, war vor zwei Jahren vom "Europäischen Institut für angewandten Buddhismus" gekauft worden. Mittlerweile hat dieser Träger noch eine weitere Immobilie hinzugekauft, nämlich die ehemalige Zivildienstschule in Waldbröl.

Wie die "Deutsche Buddhistische Union" (DBU) gegenüber pro mitteilte, hatten die Käufer erhofft, das ehemalige Bundeswehrgebäude ohne größere Umbauten nutzen zu können. Doch um es als Schulungszentrum für einige Hundert Gäste nutzen zu dürfen, mussten gesetzliche Auflagen erfüllt werden, die unter anderem Fluchtwege und den Feuerschutz betrafen. Daher sind nun aufwändigere Umbauten erforderlich, die in etwa fünf Jahren abgeschlossen sein sollen.

Bereits jetzt leben in einem Provisorium des Gebäudes 20 buddhistische Mönche und Nonnen. "Nach den Umbaumaßnahmen soll die Zahl auf 60 bis 80 anwachsen", sagte ein Sprecher gegenüber dpa. Zusätzlich sollen 100 bis 200 Gäste in dem Zentrum untergebracht werden können. Der Anspruch, "größtes buddhistisches Zentrum Europas" zu sein, ist nach Ansicht des DBU nicht nur aufgrund der Größe des Gebäudes gerechtfertigt, sondern auch aufgrund der Ambitionen der involvierten Buddhisten. Initiator des "Europäischen Instituts für angewandten Buddhismus" ist der 1966 aus Vietnam verbannte Lehrmeister Thich Nhat Hanh. Der 84-jährige Mönch und Autor zählt neben dem Dalai Lama zu den bekanntesten zeitgenössischen Buddhisten. Seinem Orden gehören rund 700 Ordinierte und Zehntausende Laien an. Er ist Autor von rund 80 Büchern, darunter "Innerer Friede, äußerer Friede", "Lebendiger Buddha, lebendiger Christus" und "Das Wunder der Achtsamkeit". Das "Europäische Institut für angewandten Buddhismus" (EIAB) gründete er im September 2008 in Waldbröl.

Die Kosten von zehn Millionen Euro bestreitet das Institut in erster Linie durch die Einnahmen anderer buddhistischer Zentren in Europa. In Waldbröl soll es ein großes Angebot an Seminaren und Kursen geben. Besucher lernen dann von buddhistischen Lehrmeistern unter anderem Strategien, um Konflikte, Ärger oder Trauer zu bewältigen. Auch wissenschaftliche Arbeiten sind in dem Zentrum geplant.

Pastoren vor Ort im Dialog mit Buddhisten

Der Buddhismus geht auf die Lehre von Siddhartha Gautama zurück, der im sechsten Jahrhundert vor Christus in Indien lebte. Im Alter von 35 Jahren hatte er ein spirituelles Erlebnis, das als "Erwachen" oder "Erleuchten" bezeichnet wird. Daher stammt sein Name "Buddha" (Erleuchteter). Seine Lehre, der heute weltweit rund 400 Millionen Menschen angehören, besagt unter anderem, dass das Leben Leid bedeutet, und dass jedes Lebewesen einem endlosen Kreislauf von Geburt und Wiedergeburt unterworfen ist. Diesem kann man durch die Überwindung irdischer Bedürfnisse, Meditation und ethisches Verhalten entkommen.

Der Pastor der Freien evangelischen Gemeinde (FeG) Waldbröl, Hartmut Hunsmann, sieht dem Bau des buddhistischen Zentrums gelassen entgegen. "Es gab von Anfang an gute Gespräche zwischen den Buddhisten und den Christen vor Ort", sagte Hunsmann gegenüber pro. "Der Wunsch nach Kontakt ging auch sehr von den Buddhisten aus." Vom Verkaufsprozess des ehemaligen Bundeswehrgebäudes hätten die Christen indes wenig mitbekommen. Die Bevölkerung vor Ort sei von diesem Zentrum ohnehin kaum betroffen, da die Gäste nur kurzzeitig dort seien. "Wir empfinden das Zentrum nicht als direkte Konkurrenz. Es ist eine sehr friedliche Gruppierung, und daher hatten wir nie eine ablehnende Haltung ihnen gegenüber." Trotz des friedlichen Nebeneinanders könne er sich jedoch eine Zusammenarbeit auf keiner Ebene vorstellen.

Auch der Pastor der Evangelischen Kirchengemeinde Waldbröl, Thomas Seibel, steht der Erweiterung des seit zwei Jahren bestehenden buddhistischen Zentrums positiv gegenüber. "Die Buddhisten haben sich von Anfang an um ein gutes Verhältnis zu unserer Gemeinde bemüht. Sie waren zum Beispiel alle bei mir im Gottesdienst", so Seibel. Die Lehre von Thich Nhat Hanh besage, dass jeder Mensch glauben könne, was er wolle. Regelmäßig komme seine Gemeinde mit dem Abt des buddhistischen Klosters ins Gespräch. "Dabei geht es auch um theologische Fragen, etwa wo die Grenzen und Unterschiede zwischen Buddhismus und Christentum liegen." Seibel weiter: "Wir sehen dem Zentrum also nicht mit Schrecken entgegen, sondern positiv als Herausforderung für unseren christlichen Glauben, in dem Sinne, dass wir unseren Glauben bezeugen können." Auch wenn es kostenlose Meditationskurse für die Bürger gebe, gelte: "Wir haben keine Angst, dass uns die Leute deswegen aus der Gemeinde weglaufen." Da die Buddhisten bislang im Ortsbild kaum in Erscheinung getreten seien, habe man in Waldbröl auch nicht das Gefühl, dass der Ort "übernommen" werde.

Für ihn selbst sei es wichtig, dass man die Menschen anderer Religionen toleriere, solange sie friedlich seien. "Es ist immer gut, wenn man sich begegnet und kennenlernt, und das geht am besten, wenn man seinen eigenen Glauben kennt. Aus einem solchen Standpunkt heraus ist die Begegnung dann durchaus hilfreich und befruchtend." Was etwa die Meditation angehe, sei dies keine genuin buddhistische Sache. "Das haben wir Christen auch schon immer gemacht." In vielen Punkten deckten sich Buddhismus und Christentum. "Aber Jesus Christus fehlt, das ist natürlich eine unverzichtbare Glaubenserkenntis für uns Christen. Da muss man aufpassen." Der Buddhismus könne insofern für viele Christen eine größere Gefahr sein als etwa der Islam, der sofort mit Gewalt in Verbindung gebracht werde. Was einen dann noch störe, sei es etwa Christus, darauf könne man dann leichter verzichten. "Da sehe ich eine Aufgabe für uns Pfarrer vor Ort, immer wieder auf die Unterschiede aufmerksam zu machen."

Ehemaliger Buddhist warnt Christen

In den offiziellen Richtlinien des "Europäischen Instituts für Angewandten Buddhismus", die auf deren Webseite zu finden sind, heißt es, die buddhistische Richtung von Thich Nhat Hanh sei gegründet worden, "um Frieden, Harmonie und Stabilität in die Familien, die Gesellschaft und die Welt zu bringen". Es sei nicht Ziel, "Menschen zur buddhistischen Praxis zu bekehren oder irgendjemand von der Überlegenheit des Buddhismus im Vergleich zu anderen Religionen zu überzeugen". "Das Institut engagiert sich auch im interreligiösen Dialog – auf lokaler, nationaler und globaler Ebene." Der Lehrmeister Thich Nhat Hanh betont häufig, dass jeder seinen Glauben behalten könne, auch wenn er sich seiner Lehre zuwende.

Dass der Buddhismus keineswegs nur eine Religion des Friedens und des Lächelns sei, davor warnen aber auch immer wieder Christen. Der Theologe Bruno Waldvogel-Frei etwa schreibt in seinem Buch "Das Lächeln des Dalai Lama" über grausame Rituale, Sexualmagie, Kannibalismus und Ritualmorde.

Einer der größten Kritiker des Buddhismus im deutschsprachigen Raum ist Martin Kamphuis, der selbst früher Buddhist war. Wer genauer hinsehe, entdecke im Buddhismus zahlreiche Elemente der Esoterik wieder, sagt Kamphuis, der 1990 zum Glauben an Jesus Christus kam, gegenüber pro. Thich Nhat Hanh tue so, als sei der Buddhismus mit dem christlichen Glauben in Einklang zu bringen. Dies sei – von beiden Seiten aus – jedoch nicht der Fall. "Der Buddhismus hat mit Gott nichts zu tun, erst Recht nichts mit dem Gott der Bibel. Sein Ziel ist Erleuchtung", so Kamphuis. Ein typisches Zitat von Thich Nhat Hanh sei etwa: "Natürlich ist Christus einmalig, aber wer ist nicht einmalig? So ist natürlich Mohammed, Buddha, Sie und ich, wir sind alle einmalig." Der Anspruch von Christen, Jesus sei der einzige Weg zur Erlösung, widerspreche jedoch dem religiösen Dialog, kritisiere der vietnamesische Lehrmeister dann allerdings, so Kamphuis.

Es gebe im Buddhismus neben der normalen, "kontemplativen Meditation" auch die "Versenkungsmediation", die einen Zustand der Erleuchtung und Erlösung anstrebe. Dabei sei es das buddhistische Konzept, dass der Mensch kein Selbst habe. "Das Ziel im Christentum ist dagegen nicht die Auflösung der eigenen Person, sondern eine Begegnung mit einem allmächtigen Gott." Kamphuis, der in seinen Büchern und Vorträgen vor Esoterik und Buddhismus warnt, sieht eine Gefahr für Christen etwa darin, dass sie in der fernöstlichen Religion eine Vertiefung ihres Christseins sähen und eine Vermischung der Religionen für möglich hielten. "Aber das ist im Grunde alles Esoterik", fügt er hinzu. Es sei zudem falsch, dass Buddhisten nicht missionierten, wie vielfach angenommen werde. Einen Grund für einen regelrechten "Boom" des Buddhismus sieht er darin, dass viele Menschen von der Institution Kirche enttäuscht seien und der Buddhismus etwas exotisches Neues darstelle. (pro)
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