Rund ein Viertel aller Internetnutzer besuchten das Netz zu spirituellen Zwecken, schreibt Johannes Thumfart. Damit sei das Thema Religion den Surfern im Web wichtiger als Partnerbörsen, Onlinebanking, Glücksspiele oder Onlineauktionen. Tatsächlich bietet nahezu jede Glaubensgemeinschaft mittlerweile Informationen im Netz an, sogar der Vatikan hat ein Amt zur Internet-Mission eingerichtet. "So ist allein die Bibel in 160 verschiedenen Ausgaben im Netz vertreten", heißt es im Artikel "Google als modernes Sprachrohr Gottes". Verschiedene Übersetzungen können binnen Sekunden miteinander verglichen werden.
Durch Suchfunktionen könne jeder Internetnutzer falsche Verwendungen von Zitaten aus religiösen Schriften direkt entlarven. "Das Internet befördert also protestantische Grundideen: Hin zur religiösen Selbstverantwortung und den Quellen, weg von den Deutungseliten", schreibt der Autor. Und dennoch sieht er ein Problem im Onlinespiritismus: Private Unternehmen würden mehr und mehr zu den Hütern religiöser Traditionen. So habe Google etwa angekündigt, die Qumran-Rollen, die wohl ältesten erhaltenen Bibelmanuskripte, zu digitalisieren. Die "Zeit" mahnt hier zur Vorsicht: "Texte können jederzeit im einen oder anderen Sinne verändert werden. Dadurch ließe sich großer Einfluss auf das Denken religiöser Menschen gewinnen."
"Druck auf Pastoren steigt"
Auch Jörg Dechert, Leiter von "ERF Online", sieht die zunehmende Nutzung des Internets zur Weiterbildung im spirituellen Bereich zwiespältig. "Es ist natürlich ein Vorteil, wenn Christen per Mausklick jederzeit gute und hilfreiche Impulse bekommen können", erklärt er im Gespräch mit pro. Die stärkere Konkurrenz könnten aber gerade Pastoren zu spüren bekommen. "Wenn sich die Menschen problemlos eine Predigt von Bill Hybels im Internet herunterladen können, stellen sie automatisch höhere Ansprüche an ihren eigenen Pastor", sagt Dechert. Zwischen gemeindlichen Angeboten entstünde so eine stärkere Konkurrenz. Andererseits gelte: "Je offener Informationen gehandelt werden, desto besser wird die Qualität der Angebote in diesem Bereich." Davon könnte letztendlich auch die christliche Gemeindearbeit profitieren. (pro)