Theologe Klaus Berger: Jesus kein Kulturstifter

Der Theologe und Jesus-Forscher Klaus Berger hat sich in einem Beitrag im aktuellen "Focus" gegen eine christliche Leitkultur ausgesprochen. Bedenklich sei, so Berger, dass mit diesem Begriff "Bestände an Macht und Vorherrschaft zu Prinzipien hin ideologisiert werden". Berger fragt deswegen, ob eine christliche Leitkultur zur Konsequenz habe, dass die Gesamtheit der Muslime Weihnachtsbäume kaufen müsste.
Von PRO

Aus Sicht des Theologen wollte Jesus keine Kultur stiften: "Es hilft nicht viel, einfach zu erklären, Rechtsstaat und Rechtsverständnis hätten wir dem Christentum zu verdanken." Im Alten Testament seien zwar Verfassungsentwürfe enthalten, von Menschenrechten sei in der Bibel und bei den Kirchenvätern keine Rede. "Statt vergeblicher Versuche, die Verfassung zu taufen, sollte man den Blick darauf lenken, dass Judentum, Christentum und Islam ein historisch sehr wirksames gemeinsames Verständnis von Gerechtigkeit haben", fordert Berger.

Das Christentum werde vor allem durch Bibelstellen wie Epheser 5 ("Der Mann soll eine Frau lieben, wie Christus die Kirche geliebt hat"), "für die sozialen Fragen der Gegenwart kostbar". Diese Stelle verknüpfe eine soziale Institution direkt mit der Religion. "Das ist in der Umwelt weit und breit nicht der Fall, sieht man vom jüdischen (und christlichen) Gebet für die Obrigkeit ab."

Islam als Mega-Irrlehre

Den Streit, ob der weltanschauliche Gegner zu "einem dazugehört oder ob er bleibend fremd ist", hält Berger für müßig, "weil die Differenzen nicht überbrückbar sind". Als Religionsgeschichtler sei er geneigt, von außen her den Islam als eine Mega-Häresie (Irrlehre) zu betrachten, "das heißt als eine Gestalt nachbiblischer Religion, die zu Stande kommt, wenn man die Gottheit Jesu Christi ablehnt".

Der Koran lasse genau jene Dinge weg, die auch den modernen Christen die größten Schwierigkeiten bereiten: Die Gottessohnschaft Jesu, die Dreifaltigkeit und den Sühnetod am Kreuz. "Das dürfte kaum zufällig sein und ebenso habe ich es erlebt, dass Christen einen Imam beklatschten, der erklärte, der Islam kenne keine Kirche", schreibt Berger. Die Kontroverse mit dem Islam habe den Sinn, die eigenen Defizite zu überdenken und zu korrigieren.

Klaus Berger war bis zu seiner Emeritierung Professor für Neues Testament in Heidelberg. Als einer der führenden Wissenschaftler seines Fachgebietes publizierte er neben vielen Monographien und Fachaufsätzen auch zahlreiche Beiträge für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Sein Buch "Wer war Jesus wirklich?" wurde zu einem Bestseller. Berger wendete sich gegen Entmythologisierung der biblischen Überlieferung und fordert ein stärkeres Vertrauen gegenüber den Texten der Bibel. (pro)

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