"Galiamelonen aus Honduras: zu Hungerlöhnen und ohne Sozialabgaben geerntet." Aldi-Werbung klingt für gewöhnlich anders. Doch passend zum Internationalen Tag für menschenwürdige Arbeit am 7. Oktober hat die "Christliche Initiative Romero" (CIR) einen Flyer drucken lassen, der wie ein Prospekt der größten deutschen Discount-Kette aussieht. Lediglich das D im Wort Aldi ist falsch herum gedruckt – und der Inhalt kritisch. Auf vier Seiten prangern die Christen unfaire und teilweise gefährliche Arbeitsbedingungen an, unter denen die teils bettelarmen Produzenten der Schnäppchen-Ware in der Türkei, in Honduras oder Bangladesch arbeiten müssen. Laut CIR sind deutschlandweit 70.000 Exemplare des Faltblatts im Umlauf.
"Wir sollen mundtot gemacht werden"
"Die Vorwürfe, auf die wir in unserem Prospekt abheben, basieren auf Recherchen vor Ort", teilte CIR-Referentin Sandra Dusch Silva mit. Ihre Organisation beruft sich auf den 1980 ermordeten Erzbischof von San Salvador, Oscar Romero, und versteht sich als "Stimme der Armen". Gemeinsam mit Partnerorganisationen in den Produktionsländern seien die Informationen in der Aldi-Prospektpersiflage zusammengetragen worden. Dennoch könnte der Protestflyer für die Initiative teure Folgen haben. Bereits Ende September hatte Aldi ein anwaltliches Schreiben inklusive Unterlassungserklärung an deren Hauptgeschäftsstelle in Münster geschickt. "Dieses Flugblatt verletzt die Rechte unserer Mandantin in eklatanter Weise", heißt es darin. Die verwendeten Farben, Bilder und Logos könnten suggerieren, dass es sich um einen echten Aldi Nord-Werbeprospekt handelt.
"Wir sehen in dem Vorgehen Aldis den Versuch, jegliche Kritik am Geschäftsgebaren des Unternehmens zu ersticken", kommentierte CIR-Geschäftsführer Thomas Krämer-Broscheit den juristischen Vorstoß. "Wir sollen mit juristischen Scheinargumenten mundtot gemacht werden." So versuche Aldi zu verhindern, dass über seine desaströse Geschäftspolitikpolitik diskutiert werde. Fairer Handel und gerechte Produktionsbedingungen waren in den vergangenen Monaten immer wieder Thema großangelegter Medienberichterstattungen und öffentlicher Diskussionen gewesen. Im August zeigte die ARD etwa "die Kik-Story", eine Reportage, die die Ausbeutung der Arbeiter durch Modeketten in Bangladesch aufdeckt. Die "Kampagne für saubere Kleidung" der CIR klagte im April gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Hamburg gegen den Discounter Lidl, weil dieser unzulässig mit sozialer Verantwortung werbe – und zugleich die Preise immer mehr drücke.
Aldi: "Rechte eindeutig verletzt"
Aldi wehrte sich auf Anfrage von "Spiegel Online" gegen die Vorwürfe der CIR. Verstöße gegen Menschen- und Arbeitsrechte in den Produktionsstätten seien selbstverständlich "nicht hinnehmbar und müssen unterbunden werden". Dafür habe man sich mit den Lieferanten Anfang 2008 der "Business Social Compliance Initiative" (BSCI) angeschlossen, welche die Produktionsstandards untersuche und zertifiziere. Doch auch die BSCI steht in der Kritik. Die Initiative sei "reine Schönfärberei", es gebe keine Kontrolle durch lokale Gewerkschaften und NGOs und die Ergebnisse der Firmenkontrollen würden nicht veröffentlicht, zitiert "Spiegel Online" die CIR.
Aldi habe nicht die Absicht, gerichtlich gegen die "Christlichen Initiative Romero" vorzugehen, hieß es zuletzt seitens des Discounters. Man habe "lediglich eine Abmahnung aussprechen lassen, weil Rechte eindeutig verletzt und unzutreffende Aussagen getätigt wurden", zitiert "Spiegel Online". So habe Aldi nie ein "Nokia-Handy 3110" angeboten, wie es der kritische Prospekt suggeriere. Auch der abgebildete Computerbildschirm sei von Aldi weder angeboten noch vertrieben worden, ebenso wie Weihnachtssterne aus Guatemala oder Trekking-Schuhe aus Vietnam. André Hagel, Sprecher von Romero, widersprach den Erklärungen von Aldi: Zwar stimme es, dass Aldi Nord das Nokia-Handy nie vertrieben habe, "Aldi Süd aber schon". Beim Computerbildschirm zeige Romero zwar kein Original-Aldi-Produkt – das sei der Initiative aber wegen der Bildrechte untersagt worden. Bei den Weihnachtssternen und Trekking-Schuhen prüfe man die Erwiderung von Aldi noch. Dennoch hat die Initiative für Donnerstag zu Demonstration vor der Aldi-Hauptgeschäftsstelle in Essen aufgerufen. Öffentliches Interesse für ihre Sache hat die Organisation wohl schon jetzt. (pro)
"Wir sollen mundtot gemacht werden"
"Die Vorwürfe, auf die wir in unserem Prospekt abheben, basieren auf Recherchen vor Ort", teilte CIR-Referentin Sandra Dusch Silva mit. Ihre Organisation beruft sich auf den 1980 ermordeten Erzbischof von San Salvador, Oscar Romero, und versteht sich als "Stimme der Armen". Gemeinsam mit Partnerorganisationen in den Produktionsländern seien die Informationen in der Aldi-Prospektpersiflage zusammengetragen worden. Dennoch könnte der Protestflyer für die Initiative teure Folgen haben. Bereits Ende September hatte Aldi ein anwaltliches Schreiben inklusive Unterlassungserklärung an deren Hauptgeschäftsstelle in Münster geschickt. "Dieses Flugblatt verletzt die Rechte unserer Mandantin in eklatanter Weise", heißt es darin. Die verwendeten Farben, Bilder und Logos könnten suggerieren, dass es sich um einen echten Aldi Nord-Werbeprospekt handelt.
"Wir sehen in dem Vorgehen Aldis den Versuch, jegliche Kritik am Geschäftsgebaren des Unternehmens zu ersticken", kommentierte CIR-Geschäftsführer Thomas Krämer-Broscheit den juristischen Vorstoß. "Wir sollen mit juristischen Scheinargumenten mundtot gemacht werden." So versuche Aldi zu verhindern, dass über seine desaströse Geschäftspolitikpolitik diskutiert werde. Fairer Handel und gerechte Produktionsbedingungen waren in den vergangenen Monaten immer wieder Thema großangelegter Medienberichterstattungen und öffentlicher Diskussionen gewesen. Im August zeigte die ARD etwa "die Kik-Story", eine Reportage, die die Ausbeutung der Arbeiter durch Modeketten in Bangladesch aufdeckt. Die "Kampagne für saubere Kleidung" der CIR klagte im April gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Hamburg gegen den Discounter Lidl, weil dieser unzulässig mit sozialer Verantwortung werbe – und zugleich die Preise immer mehr drücke.
Aldi: "Rechte eindeutig verletzt"
Aldi wehrte sich auf Anfrage von "Spiegel Online" gegen die Vorwürfe der CIR. Verstöße gegen Menschen- und Arbeitsrechte in den Produktionsstätten seien selbstverständlich "nicht hinnehmbar und müssen unterbunden werden". Dafür habe man sich mit den Lieferanten Anfang 2008 der "Business Social Compliance Initiative" (BSCI) angeschlossen, welche die Produktionsstandards untersuche und zertifiziere. Doch auch die BSCI steht in der Kritik. Die Initiative sei "reine Schönfärberei", es gebe keine Kontrolle durch lokale Gewerkschaften und NGOs und die Ergebnisse der Firmenkontrollen würden nicht veröffentlicht, zitiert "Spiegel Online" die CIR.
Aldi habe nicht die Absicht, gerichtlich gegen die "Christlichen Initiative Romero" vorzugehen, hieß es zuletzt seitens des Discounters. Man habe "lediglich eine Abmahnung aussprechen lassen, weil Rechte eindeutig verletzt und unzutreffende Aussagen getätigt wurden", zitiert "Spiegel Online". So habe Aldi nie ein "Nokia-Handy 3110" angeboten, wie es der kritische Prospekt suggeriere. Auch der abgebildete Computerbildschirm sei von Aldi weder angeboten noch vertrieben worden, ebenso wie Weihnachtssterne aus Guatemala oder Trekking-Schuhe aus Vietnam. André Hagel, Sprecher von Romero, widersprach den Erklärungen von Aldi: Zwar stimme es, dass Aldi Nord das Nokia-Handy nie vertrieben habe, "Aldi Süd aber schon". Beim Computerbildschirm zeige Romero zwar kein Original-Aldi-Produkt – das sei der Initiative aber wegen der Bildrechte untersagt worden. Bei den Weihnachtssternen und Trekking-Schuhen prüfe man die Erwiderung von Aldi noch. Dennoch hat die Initiative für Donnerstag zu Demonstration vor der Aldi-Hauptgeschäftsstelle in Essen aufgerufen. Öffentliches Interesse für ihre Sache hat die Organisation wohl schon jetzt. (pro)