Glaube: Nur eine Beschäftigungstherapie fürs Hirn?

Warum glaubt der Mensch? Auf diese Frage wollen ein Anthropologe und ein Psychiater Antworten gefunden haben. In ihrem Buch "God's Brain" erklären sie, warum Religion eine Beschäftigungstherapie für das Gehirn sein soll.

Von PRO

Weil Religion seit Jahrtausenden Menschen anzieht, kann sie nicht schädlich sein, ansonsten hätten die Menschen sie längst aufgegeben. In diesem Punkt ist sich der "Welt"-Autor Markus Somm sicher. Dem Phänomen will er dennoch auf den Grund gehen. Dazu hat er sich mit dem Anthropologen Lionel Tiger und dem Neurologen und Psychiater Michael McGuire getroffen. Gemeinsam haben die beiden Wissenschaftler "God’s Brain" verfasst. In der "Welt" erklären sie: "Unser Hirn ist viel zu leistungsfähig. Wir benutzen nur einen Bruchteil seiner Kapazität. Das ist ein Problem. Die Religion kümmert sich darum."

Religion löst Hierarchien auf


Im Laufe der Evolution habe sich das Hirn enorm entwickelt. Deshalb sei es nun nicht ausgelastet. Religion habe sich als eine der besten und wirksamsten Methoden erwiesen, dies auszugleichen. "Wer glaubt und betet, wer singt und beichtet, betreibt ‚brainsoothing’", heißt es in der "Welt": Beruhigung für das Gehirn. Der Glaube an Gott und an ein Jenseits fülle die Leere. Es sei weniger die Angst vor dem Tod, die das Hirn plage, sondern die Fragen "Wozu?" und "Was dann?".

Fast alle Religionen dieser Welt hätten drei Dinge gemeinsam: den Glauben, der offene Fragen schließe, die Gemeinschaft und das Ritual. "Alle drei – und das ist das Faszinierende an Tiger und McGuires Erkenntnissen – lösen im Hirn neurologische Effekte aus, die sich messen lassen. Menschen, die regelmäßig religiöse Rituale vollziehen, regen ihren Körper dazu an, im Hirn mehr Serotonin zu produzieren. Dieses Hormon macht den Menschen zufrieden und heiter", schreibt Somm. Zudem löse Religion Hierarchien auf: "Auf der Kirchenbank sind die Klassendifferenzen vergessen", weiter heißt es: "Jeder ist besonders – ob Genie oder Dummkopf, Sünder oder Heiliger." Religion gebe dem Individuum laut Tiger das Gefühl, etwas ganz Besonderes zu sein. Deshalb gehe es dem Gläubigen gut. (pro)

http://www.welt.de/die-welt/kultur/article8407253/Gott-ist-ein-Hormon.html
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