"Kirchenskandal ohne Ende: Jetzt reicht’s! Kirchenaustritt jetzt!" steht in großen Buchstaben auf dem Plakat, das in manchen Orten Deutschlands hängt. In kleinerer Schrift heißt es weiter: "Wollen Sie diejenigen unterstützen, die Schwerverbrechen an unschuldigen Kindern begehen oder dulden? Die unermesslich reich sind und die trotzdem zusätzlich uns, den Steuerzahlern, jedes Jahr 14.000.000.000 Euro entziehen? Die selbst im Luxus schwelgen und andere zur Kasse bitten, die ihren Lebensunterhalt hart erarbeiten? Die das alles unter dem Etikettenschwindel christlich tun, obwohl es sich in Wahrheit um heidnische Kulte handelt?"
Hinter der Kampagne stehen laut einem Bericht des "Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages" Aktivisten von "Spart euch die Kirche". Doch wer unter der angegebenen Hotline anruft, wird überrascht: Er wird von den "Freien Christen" begrüßt, eine Vereinigung von Menschen, die dagegen kämpft, dass "Kirchen von allgemeinen Steuergeldern subventioniert werden", wie ihr Sprecher Dieter Potzel gegenüber dem SHZ erklärt. Nach Medienberichten gehören zu den Initiatoren aber auch Anhänger der Organisation "Universelles Leben". Diese Gruppe, vor der Sekten-Experten warnen, basiert auf Offenbarungen von Geistwesen, die einer Frau aus Bayern zuteil geworden sein sollen.
Gegenplakat in Biberach
Wie die "Schwäbische Zeitung" berichtet, hängt eines der Plakate auch am Biberacher Bahnhof. Der dortige katholische Pfarrer, Pater Alfred Tönnis, geht gegen das Plakat vor. Er schaltete einen Anwalt ein, hatte aber auch die Idee, dem kirchenfeindlichen Plakat ein kirchenfreundliches entgegenzusetzen. Tönnis ist betroffen von den Aussagen des Austritt-Plakates: "Da sind Dinge aufgezählt, die faktisch einfach nicht stimmen. Das ist reine Hetze gegen die Kirche." Es sei nicht wahr, dass hinter den kirchlichen Sakramenten heidnische Kulte stecken. "Nehmen Sie doch mal die Beichte. Das ist doch kein heidnischer Kult", meint Tönnis. Auch sei es nicht richtig, dass die Kirche Schwerverbrechen an Kindern duldet. "Und dass wir im Luxus schwelgen, ist genauso erfunden. Es kann gerne jeder bei uns im Kloster vorbeischauen und sich überzeugen", sagte er gegenüber der "Schwäbischen Zeitung".
Auf einem fast ebenso großen Plakat rechts neben dem Austritts-Aufruf hängt nun ein Plakat von Kirchen-Befürwortern. So steht neben dem Ausruf "Uns reichts!" auf dem Nachbarplakat: "… uns nicht!" Weiter heißt es dort: "Wir sind gerne in der Kirche, weil uns die Kirche Hoffnung gibt!" Zu sehen ist Familie Matt. Deren Vater, Andreas Matt, erklärte gegenüber dem SWR: "Es ging darum, ein Zeichen zu setzen, zum Glauben zu stehen und zur Kirche zu stehen."
Der Erste Bürgermeister von Biberach, Roland Wersch, sagte dem Sender: "Wir sind über das Plakat nicht erfreut, sehen aber keinen Anlass, dagegen vorzugehen, weil es nicht ordnungswidrig ist." So hängen sowohl das kirchenfeindliche Plakat, als auch das befürwortende Plakat noch bis Ende April am Bahnhof von Biberach. (pro)