Obwohl für das Nachrichtengeschäft "eine gewisse Zeitnähe zweckdienlich" sei, ermahnte Merkel die anwesenden Journalisten, weiterhin auf Qualität zu setzen. "Dies ist mit Sicherheit kein Störfaktor für erfolgreiche Geschäfte", sagte die Politikerin. Darüber hinaus stellte sie Gründlichkeit in der Recherche und die Schilderung von Zusammenhängen und Hintergründen als journalistische Tugenden heraus.
Weil kirchliche Medien "Orientierungslotsen in der heutigen Welt sind", gab Merkel dem epd als Wunsch mit auf den Weg, "trotz aller Beschleunigung ein Stück Entschleunigung und eine damit auch verbundene Gründlichkeit zu bieten, um weiterhin die Breite unserer Gesellschaft sichtbar werden zu lassen".
"Ich wünsche mir, dass Sie den Zusammenhalt innerhalb der evangelischen Kirche darstellen. Die evangelische Kirche macht es den Außenstehenden auch nicht immer einfach alles zu verstehen." Die Bedürfnisse der Insider zu befriedigen und gleichzeitig den Kontakt zur Außenwelt nicht völlig zu verlieren, sei auch Aufgabe der Medienschaffenden beim epd, so Merkel. "Sie sollten bei Ihrer Tätigkeit nie vergessen, zu erklären, einzuordnen, historische Zusammenhänge darzustellen und an den christlichen Festtagen immer wieder aufzuzeigen, wie spannend es sein kann, ein Bild zu betrachten oder ein Buch zu lesen."
Positiv hob Merkel die thematische Schwerpunktsetzung des epd im Bereich der Entwicklungspolitik hervor. Auch die Sozialberichterstattung sei in Zeiten der Wirtschaftskrise und anhaltender "Verteilungskämpfe" von besonderem Wert. "Behalten Sie sich den Blick über den Tellerrand", riet sie den epd-Journalisten.
Lebendigkeit des christlichen Glaubens
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, sagte, sie vermisse in den Medien oft Berichte über die kleinen Ereignisse im Land. Themen, die den Einsatz der Menschen für eine Sache oder die Lebendigkeit des christlichen Glaubens zeigten, finde sie häufig im epd-Angebot.
Für den Wirbel um ihre umstrittene Neujahrspredigt machte sie unter anderem eine verkürzte Berichterstattung verantwortlich. Der epd habe verstanden, dass der Satz "Nichts ist gut in Afghanistan" nur im Zusammenhang mit ihrer Predigt zu verstehen sei. Claus Strunz, Chefredakteur des Hamburger Abendblattes, plädierte wie Merkel für eine gründliche Berichterstattung und warb darum "Qualität vor die Schnelligkeit zu setzen".
Thomas Schiller, Chefredakteur der epd-Zentralredaktion, verdeutlichte, dass neben allen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten rund zwei Drittel der deutschen Tageszeitungen den epd beziehen. Inklusive der Online-Kunden hatte der epd nie eine höhere Reichweite."Gerade in den Jahren der Krise würden Sie uns sofort abbestellen, wenn wir Ihnen kirchenamtliche Verlautbarungen liefern würden", sagte er an die Vertreter der Medien gewandt.
Der epd wurde am 3. Februar 1910 in Wittenberg unter dem Namen "Evangelischer Preßverband für Deutschland (EPD)" gegründet. Mit einem eigenen Pressedienst sollte damals ein kirchliches Gegengewicht zur Arbeiterpresse geschaffen werden. Heute wird die unabhängig arbeitende Nachrichtenagentur von der evangelischen Kirche getragen.
Rund 80 fest angestellte Redakteure in mehr als 30 deutschen Städten recherchieren und schreiben für den epd. Sitz der Zentralredaktion ist Frankfurt am Main, hinzu kommen acht Landesdienste. Die Agentur unterhält Korrespondentenbüros in Berlin, Brüssel und Genf. Hinzu kommen freie Korrespondenten auf allen fünf Kontinenten. Jährlich werden knapp 50.000 Meldungen und darüber hinaus Bilder und Infografiken vom epd verbreitet. (pro)