Nett zu sein, sei nicht ihre Aufgabe, sagt Margot Käßmann. Sie müsse als Bischöfin Stellung beziehen. Damit meint sie auch ihre Neujahrspredigt in der Dresdner Frauenkirche. Als sie forderte, man brauche mehr Fantasie für den Frieden, nannten Kritiker sie naiv. Im Interview mit dem "Stern" sagt sie: "Wenn ich so blauäugig bin, wie mir unterstellt wird, dann könnten die Kritiker mich ja ignorieren." Fantasie für den Frieden sei nicht naiv. "Das heißt: Armutsbekämpfung, den Frauen mehr Rechte geben, den Drogenhandel unterbinden, der die Taliban finanziert – auch dafür gibt es nicht nur militärische Konzepte."
"Krieg ist nicht Gottes Wille"
Auf Luiks Aussage, die Welt sei eine bessere ohne religiöse Kämpfe, antwortet Käßmann: "Es gibt in der Religion Fundamentalisten. Und ein Fundamentalismus, der andere Menschen für minderwertig erklärt, ist für mich nicht religiös vertretbar." Krieg sei nicht Gottes Wille. "Religion ist nicht, wie Sie behaupten, ein Faktor der Konfliktverschärfung", sagt Käßmann gegenüber Luik. Viele setzten sich aus religiöser Überzeugung für den Frieden ein.
Sie sei ein "fröhlicher Christenmensch", lache gerne und lege sich nicht schluchzend ins Bett, weil man sie angreife. "Und ich habe auch eine innere Ruhe, weil ich mich von meinem Glauben gehalten weiß. Ich fühle mich als Kind Gottes", sagt Käßmann. Auch ihre Krebserkrankung und die Scheidung im Jahr 2007 sind Themen des Gesprächs. Sie habe sich damals eingestehen müssen, dass ihre Ehe gescheitert sei. Ohne ihre Krebserkrankung hätte sie den Mut nicht gehabt. Die Trennung sei ein schwerer Bruch gewesen. "Aber es ist ganz klar, dass Menschen in ihrem Leben scheitern.(…) Ich wünsche mir eine Kirche, die um Brüche im Leben weiß."
"Sie wollen Leute missionieren", fordert der Interviewer Käßmann heraus und spricht damit ihre zahlreichen Großauftritte und Interviews an. Käßmann: "Wenn Sie das so nennen wollen, gerne. Missionieren heißt aber von dem reden, was mich trägt und nicht, mit dem Holzhammer auf Leute einzuschlagen." (pro)