Von der Leyen verteidigt Internet-Stoppschild

Vor einer Woche verabschiedete der Deutsche Bundestag ein Gesetz, das den Zugriff auf Kinderpornografie im Internet erschweren soll. Zahlreiche Kritiker jedoch bezeichnen die Maßnahmen als unnütz, gleichzeitig werde Zensur in Deutschland geschaffen. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen sprach nun in der "Zeit" mit der Wortführerin des Protestes, Franziska Heine.
Von PRO

Ein großes Stoppschild soll demnächst erscheinen, wenn ein Internet-Surfer auf eine Webseite stößt, die kinderpornographisches Material enthält. So sah es der Vorschlag von Ministerin von der Leyen (CDU) vor. Kritiker sagen jedoch, dadurch würden die Fotos und Filme selbst aber nicht aus dem Internet entfernt, und die Täter würden nicht belangt (pro berichtete). Die Internetaktivistin Franziska Heine rief zum Unterzeichnen einer Petition auf, die gegen das neue Gesetz protestierte. In wenigen Tagen votierten 134.000 Bürger mit ihrem Namen gegen das Gesetz.

Ihr Gesetz mache deutlich, dass Kinderpornografie in Deutschland geächtet sei, sagte von der Leyen. „Im Internet gelten keine anderen Freiheiten als anderswo. (…) Wenn wir den Zugang zu solchen Bildern im Netz mit technischen Mitteln sperren, tragen wir auch zur Produktionsblockade bei“, ist sie überzeugt. Außerdem handhabten andere Länder schon seit längerem eine Sperrung, etwa England, die skandinavischen Länder, die Schweiz und Kanada.

Heine hingegen hält das Gesetz für wenig gelungen. Gerade Erfahrungen in anderen Ländern mit Internet-Sperren zeigten, wie ineffizient diese seien. Bei Sperrlisten habe sich herausgestellt, dass 70 Prozent der dort verzeichneten Webseiten gar keine kinderpornografischen Inhalte enthalten hätten. „Wie kann man da behaupten, die Ergebnisse aus anderen Ländern seien ermutigend?“, so Heine.

Kritik: Lediglich verdeckt statt entfernt

Von der Leyen vergleicht das Internet mit einem Buchladen: Dort dürfe auch kein Bildband mit kinderpornografischem Material herumliegen, und deswegen schreie niemand „Zensur“. Die Aktivistin Heine vergleicht die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung in diesem Bild mit einem Blatt Papier, das über das Kinderporno-Buch gelegt werde. Aus dem Laden entfernt würde es dadurch nicht. Doch von der Leyen ist überzeugt, dass es schwieriger sei, Netzsperren zu umgehen als ein weißes Blatt Papier wegzunehmen. Die Ministerin: „Wer die Stoppseite zu umgehen versucht, macht sich bewusst strafbar, weil er dann aktiv nach Kinderpornografie sucht.“

Heine machte auf Maßnahmen aufmerksam, die ihrer Ansicht nach effektiver gegen Kinderpornos im Netz wirken könnten. „Es gibt in Deutschland eine Menge Server mit kinderpornografischem Material, die den Behörden auch schon mehrfach gemeldet wurden, und trotzdem ist lange nichts passiert. Wir haben die Anbieter dieser Seiten kontaktiert, und innerhalb von zwölf Stunden sind 60 Seiten entfernt worden.“

Kritiker: Gesetz billigt Zensur wie in China

Ein wichtiger Punkt der Kritik am Gesetz ist der Vorwurf der Zensur. Denn das Verfahren zur Sperrung von Webseiten sowie der Inhalt der Sperrlisten sei nicht transparent, so Heine. „Die Chinesen, die selbst Zensur betreiben, sagen heute schon, sie würden nicht verstehen, wieso wir ihr System kritisieren, wenn doch bei uns das gleiche geplant sei. Wir liefern Regimes wie Thailand, wie China, wie Iran eine Argumentationsbasis für deren massive Eingriffe in das Internet.“

Die Ministerin erwidert: „Freiheit kann nie bedingungslos sein. Ihre Grenze ist da erreicht, wo sie die Freiheit oder die Würde des Mitmenschen infrage stellt. (…) Dass Bilder von vergewaltigten Kindern nicht frei zugänglich sind, das ist keine Zensur.“

Das Stoppschild, so Kritikern Hein, helfe den Anbietern von Kinderpornos im Internet sogar. „Wenn Inhalte gemeldet werden, passiert wochen- und monatelang gar nichts. (…) Wenn die Betreiber das Stoppschild sehen, kostet es sie ein paar Minuten, die Inhalte auf eine andere Seite umzuleiten.“ Deshalb sei das geplante Stoppschild gar „aktiver Täterschutz“. „Sie ermöglichen dem Täter erst das Wissen darum, dass Sie ihn verfolgen.“

Das vollständieg Interview bei ZEIT online finden Sie hier. (PRO)

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