„Verstaubt, sperrig, weltfremd? Von wegen“, lauten die ersten Zeilen eines „Spiegel Online“-Artikels, der bemerkt: Noch nie haben so viele Frauen sich zur Pastorin ausbilden lassen. Theologie ist derzeit das „Boomfach“ an deutschen Universitäten. „Im vergangenen Wintersemester waren rund 9.300 Studierende für Evangelische Theologie eingeschrieben, zwei Prozent mehr als im Vorjahr. 7.400 waren es bei den Katholiken“, schreibt das Onlinemagazin.
Obwohl das Fach zahlreiche berufliche Einsatzmöglichkeiten biete, ziehe es vor allem die evangelischen Studenten immer stärker in den kirchlichen Dienst: „Noch vor vier Jahren waren es nur 364 Erstsemester, die sich als Bewerber für eine Pfarrstelle in die Listen der Landeskirchen eintrugen. In diesem Wintersemester dürften es rund 500 werden.“ Zu diesen werdenden Pfarrern zählen mittlerweile viele Frauen. Bei den Theologiestudenten macht das weibliche Geschlecht 60 Prozent aus.
Pfarrer werden – trotz vieler Hürden
Was aber zieht die jungen Menschen trotz hoher Hürden in den kirchlichen Dienst? Immerhin müssen die Studenten wahre Allrounder sein: Hebräisch, Altgriechisch und Latein stehen ebenso auf dem Semesterplan wie Exkurse in die Psychologie, das Recht, die Naturwissenschaften und die Pädagogik. Nach zwölf Semestern Studium folgen mehrjährige Praktikumszeiten in kirchlichen Gemeinden, bevor die Ordination erfolgen kann. „Spiegel Online“ bietet eine Antwort auf die Frage nach dem Warum: „Der Nachwuchs setzt darauf, dass mit dem Generationenwechsel die Kirche auch ihr altbackenes Image verliert.“ Außerdem sei das Studium „gesellschaftlich bedeutsam“, wie die Theologiestudentin Eva im Artikel erklärt. Gerade ein Auslandseinsatz als Missionar könne den Horizont erweitern. Zudem seien Curriculum und Abschluss noch in ganz Deutschland einheitlich. Einen Bachelor gebe es in der Theologie noch nicht. Somit sei etwa der Wechsel zwischen verschiedenen Hochschulen problemlos möglich und die Studienregelungen relativ einfach.
Gemeinden leiden an Personalmangel
Der Evangelischen Kirche dürfte die Nachwuchsschwemme gut tun. Nach zahlreichen Meldungen über Entlassungen und Einsparungen habe sich die Studierendenzahl in den Jahren 1984 bis 2004 halbiert, erklärt „Spiegel Online“. Mittlerweile litten zahlreiche Gemeinden an Personalmangel, der sich noch verschlimmern dürfte: „Es kommt eine große Pensionswelle auf uns zu“, sagt Ausbildungsreferent Joachim Ochel von der EKD-Zentrale in Hannover gegenüber „Spiegel Online“. In der kommenden Dekade müssten jährlich etwa 350 Pfarrstellen neu besetzt werden.
Problematisch schätzt das Magazin vor allem die Situation in der katholischen Kirche ein. Zwar gebe es durchaus katholische Theologiestudenten, in den kirchlichen Dienst stiegen 2007 aber nur 270 Priesteramtskandidaten ein. Gründe dafür seien der „Zwang zum Zölibat“ und die neuesten Skandale um Holocaust-Leugner Richard Williamson. (PRO)