„Schule oder Knast“: „Spiegel“ besucht Homeschooler

Schadet es Kindern, von zu Hause aus unterrichtet zu werden? Dieser Frage geht die Zeitschrift "Der Spiegel" in ihrer aktuellen Ausgabe nach. Beim Besuch der gläubigen Familie Dudek zeigt sich: "Homeschooling" bietet den Kindern viele Vorteile.
Von PRO

Jonathan Dudek ist ein Musterschüler. Seinen Realschulabschluss machte er mit einem Notendurchschnitt von 1,1, als Klassenbester. Und das obwohl er nur vier Monate lang am regulären Schulunterricht teilgenommen hat. Die Eltern Jürgen und Rosemarie Dudek unterrichten ihre Kinder selbst zu Hause. Das Modell „Homeschooling“ scheint bei ihnen zu funktionieren. Um ihrem Sohn einen besseren Berufseinstieg zu ermöglichen, schickten sie ihn zum Abschluss auf die Realschule. Das Wissen dafür hat er sich aber in den heimischen vier Wänden angeeignet, ebenso wie seine Geschwister.

„Homeschooling“ ist eine Straftat

Die Zeitschrift „Der Spiegel“ hat die hessische Familie zu Hause besucht. „Die Gesetze der Bibel formen den Rahmen ihres Handelns. Die weltlichen Gesetze des deutschen Staates haben sich in diesen Rahmen zu fügen. Tun sie es nicht, werden sie nötigenfalls gebrochen“, schreibt das Magazin über die Christen, die ihre Kinder aus religiöser Überzeugung nicht auf eine Schule schicken. „Wir können unsere Kinder nicht Menschen überlassen, die von Jesus Christus und der Bibel nichts halten“, sagt Jürgen Dudek gegenüber dem „Spiegel“.

Dafür nehmen sie sogar Strafen in Kauf. In Hessen etwa gilt ein Verstoß gegen die Schulpflicht nicht nur als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat. Zuletzt drohten Vater und Mutter drei Monate Haft ohne Bewährung. Nach einer Revision durch das Ehepaar befasst sich derzeit das Landgericht Kassel mit dem Fall. Wie der Prozess ausgeht, kann noch niemand abschätzen.

Kinder profitieren von Heimunterricht

Dabei haben es die drei schulpflichtigen Kinder der Dudeks im heimischen Unterricht besser als so manch regulärer Schulgänger. „Zu sehen ist eine Zwergschule, die Lehrern aus deutschen Problemstadtteilen wie das Paradies vorkommen muss. Es gibt zwei Lehrer in dieser Schule, drei Schüler, und alle sprechen Deutsch“, schreibt „Spiegel“-Autor Uwe Buse nach einem Besuch bei der Familie. Der Lehrstoff der Dudeks folge dem offiziellen Lehrplan, der Unterricht werde mit den gängigen Schulbüchern praktiziert und umfasse die Fächer „Deutsch, Erdkunde, Mathematik, Geschichte, Englisch, Französisch, Physik, Chemie, Biologie (inklusive Kreationismus), Gemeinschaftskunde und Kunst. Sport und Religion werden nicht unterrichtet. Einmal im Jahr gibt es Zeugnisse.“

Um die Behörden von der Qualität des Unterrichts zu überzeugen, hat Jürgen Dudek das Schulamt sogar in seine „Heimschule“ eingeladen. Das Amt lehnte ab. Der „Spiegel“ zitiert Anita Hofmann, stellvertretende Leiterin des Schulamts Bebra, das für die Dudeks zuständig ist. Die Schule sei ein wichtiger Ort der Sozialisation, argumentiert sie und fürchtet einen Flächenbrand: Was etwa würden Muslime oder Sektierer tun, wenn das „Homeschooling“ legal würde, fragt sie sich laut „Spiegel“ und rechnet mit einem „Wildwuchs“ und „nicht abzuschätzenden Folgen“.

Kinder nicht von der Gesellschaft fernhalten

Dabei wollen Dudeks ihre Kinder nach eigenen Angaben keineswegs von der Gesellschaft fernhalten. Ihre Söhne sind bei den Pfadfindern, in der Freiwilligen Feuerwehr und im Schwimmverein aktiv. Schulfern bedeute für sie keineswegs bildungsfern zu leben. Jürgen und Rosemarie Dudek selbst sind Akademiker, sie hat Musik studiert, er einen Magisterabschluss in Politik, Anglistik und Geschichte. Seit zehn Jahren kämpfen sie nun gegen die Schulpflicht ihrer Kinder. Ein Ende ist nicht in Sicht. Bisher zahlten sie lediglich Bußgelder. Nun droht eine Gefängnisstrafe. „Wenn wir den Kopf hinhalten müssen, dann tun wir das“, sagt Jürgen Dudek. Mit dieser Überzeugung ist er nicht allein. Auch in Bayern, Hamburg oder der Stadt Bonn unterrichten Eltern ihre Kinder bislang illegal von zu Hause aus. Für Aufsehen sorgte im vergangenen Jahr ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart. Nachdem ein Antrag mehrerer Familien auf „Heimunterricht“ abgelehnt worden war, gründeten die so genannten „Evangeliums-Baptisten“ eine eigene Privatschule. Seit dem 31. Oktober ist sie staatlich anerkannt. (Pro berichtete) (PRO)

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