Im Mai 2007 öffnete vielleicht nicht das erste, wohl aber das größte und professionellste Schöpfungsmuseum der USA die Tore. Das „Creation Museum“ in Petersburg bei Cincinnati will die biblische Schöpfungsgeschichte darstellen und davon überzeugen, dass ein moderner Mensch sie für richtig halten kann, ohne die Wissenschaft über Bord werfen zu müssen.
Das 27 Millionen Dollar teure Projekt hatte schon nach fünf Monaten so viele Besucher angezogen, wie die Initiatoren eigentlich für das ganze Jahr erwartet hatten: 250.000. Neun Monate nach der Eröffnung waren eine halbe Millionen Menschen gekommen. Erbaut und unterhalten wird das Museum von der christlichen Organisation „Answers in Genesis“.
Auf den ersten Blick erscheine es wie ein Naturkundemuseum, schrieb das Magazin „Der Spiegel“ anlässlich der Eröffnung. „Hier ein paar Sauriermodelle, dort Abbildungen exotischer Pflanzen. Nur Hinweise auf Darwin und die Entstehung der Arten, wie sie der Begründer der Evolutionstheorie beschrieben hatte, sucht man vergebens.“ Figuren der Bibel wie Adam und Eva, Kain und Abel oder Menschen, die an der Arche bauen, überraschen den Besucher. Auf mehr als 5.000 Quadratmetern findet sich eine Ausstellung mit 52 erklärenden Videos, ein Kino mit Effekten und ein Planetarium.
Die Entstehung der Welt – zu besichtigen im Saarland
Ganz ähnlich sieht es im neuen Erlebnispark „Gondwana“ auf dem ehemaligen Bergwerksgelände in saarländischen Reden aus. Die „Kombination aus Erlebniswelt und naturhistorischer Bildungseinrichtung“ will laut Ankündigung „4,5 Milliarden Jahre Erdgeschichte live erleben“ lassen.
Adam und Eva wird der Besucher hier allerdings vergeblich suchen. Die Bibel hat im „Gondwana“ keinen Platz, wohl aber der allgemeine wissenschaftliche Konsens in Sachen Erd- und Menscheitsgeschichte. „Unser Thema ist die Erdgeschichte und die Evolution der Tiere und Pflanzen auf der Erde, angefangen vom Ursprung des Universums, dem Big Bang, und in der ersten Etappe bis zum Ende der Kreidezeit, dem Aussterben der Dinosaurier“, erklärte der Geschäftsführer und Initiator des Projekts „Gondwana“, Matthias Michael Kuhl. Der Anwalt mit Spezialgebiet Immobilien- und Wirtschaftsrecht hat nach eigenen Angaben 14 Millionen Euro eigenes Geld in seinen Lebenstraum investiert. Später soll die Ausstellung, die auch den Namen „Praehistorium“ trägt, auf die Darstellung der Entwicklung des Menschen erweitert werden. Doch anders als in Kentucky werden hier wohl keine Menschen neben Dinosauriern gezeigt. Während die Kreationisten dort davon ausgehen, dass beide zur gleichen Zeit lebten, weil die Bibel dies andeutet, sind die Fachleute hier sicher, dass nie ein Mensch je einer der Riesenechsen begegnet sein kann.
Al Gore kommt zur Eröffnung
Ein Kino, animierte Dinosaurier und Modelle von unterschiedlichen Lebewesen – die Ähnlichkeiten zum Schöpfungsmuseum in Kentucky liegen auf der Hand. Doch anders als dort schlägt hier nichts eine Brücke zur biblischen Schöpfungsgeschichte. Auf einer Fläche von 4.000 Quadratmetern gibt es den Nachbau eines 300 Millionen Jahre alten Urzeitwaldes, Modelle von Riesenbäumen, Monsterskorpionen, riesenwüchsige Libellen und gewaltigen Dinosauriern, verspricht die Webseite.
Hauptattraktion ist das Modell-Skelett des Argentinosaurus, der vor 100 Millionen Jahre gelebt haben soll. Die zugrunde liegenden Knochen entdeckte Rudolfo Coria in den 90er Jahren in Patagonien. Die Echse war so groß wie ein dreistöckiges Gebäude und so lang wie drei Busse, so die Forscher – „das größte Tier, das jemals auf der Erde gelebt hat“. Die Rekonstruktion in Landsweiler-Reden misst 40 Meter in der Länge und 8 Meter in der Höhe.
Wenn „Gondwana“, dessen Name sich auf den Ur-Kontinent vor rund 200 Millionen Jahren bezieht, am 13. Dezember eingeweiht wird, gibt Prominenz aus den USA Starthilfe: als Festredner wurde der ehemalige Vizepräsident der USA, Al Gore, eingeladen. Gore setzt sich für Umweltschutz ein, und aus einer seiner Multimediapräsentationen über die globale Erwärmung entstand der Oscar-prämierte Dokumentarfilm „Eine unbequeme Wahrheit“. Auch den Friedensnobelpreis erhielt Gore 2007 zusammen mit der „Zwischenstaatlichen Sachverständigengruppe über Klimaänderungen“.
„Das Engagement von Al Gore für das Heute und die Zukunft gründet sich auch auf die erdgeschichtliche Entwicklung unseres Planeten. Von daher verstehen sich sein großes Interesse und seine persönliche Anwesenheit im Saarland (…)“, schreiben die Initiatoren des Naturkundemuseums. Ein weiterer Gastredner wird der Ministerpräsident des Saarlandes, Peter Müller, sein.
Pünktlich zum „Darwin-Jahr“ 2009
Das „Darwin-Jahr“, das 2009 ausgerufen wird, nehmen zahlreiche Naturkundemuseen auf der ganzen Welt zum Anlass, Sonderausstellungen zu den Ideen der Evolutionstheorie anzubieten. Der Urheber dieser Lehre wäre am kommenden 12. Februar 200 Jahre alt geworden.
Das „Praehistorium“ signalisiert, dass es eines der bedeutendsten Stätten zur Erklärung der Evolutionstheorie in Deutschland sein will. Direkte oder indirekte Landeszuschüsse lassen sich nach Darstellung der saarländischen Oppositionsparteien SPD, FDP und Grünen derzeit auf bis zu 30 Millionen Euro hochrechnen. Investor Kuhl selbst bestätigt laut einem Bericht des Evangelischen Pressedienstes (epd), vom Saarland über einen langen Zeitraum jährlich 1,1 Millionen Euro für Raummieten in seinem Verwaltungsgebäude zu bekommen, dazu 28 Prozent der Investitionssumme. Immerhin erwartet Kuhl 250.000 Besucher jährlich, und der vermeintliche Touristenmagnet schafft etwa 25 neue Arbeitsplätze. Das Rednerhonorar für Al Gore dürfte nach Angaben des Grünen-Chefs Hubert Ulrich über 150.000 US-Dollar betragen. Kuhl, der es aus eigener Tasche zahlt, schweigt dazu.
„Modellprojekt für gelungene Industriekonversion oder Millionengrab für Steuergelder?“, fragte epd den Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider. Der antwortete: „Die Beantwortung dieser Frage muss im Moment offenbleiben.“ Er habe den Godwana-Park vor wenigen Tagen jedenfalls besucht und befand es als „interessantes Projekt“.
Christlicher Themenpark für evolutionsgläubige Engländer“
Wer sich in Europa auch noch einmal einen Themenpark der Gegenseite ansehen will, kann dies demnächst vielleicht in England tun. Dort soll für 4,9 Millionen Euro ein Themenpark gebaut werden, der die Schöpfungsgeschichte multimedial inszeniert. Ein Bauplatz steht noch nicht fest, im Gespräch ist derzeit Southport im Nordwesten Englands. Das Projekt wird von der Stiftung AH („Assembly Hall“) getragen. Deren Mitglieder zeigen sich alarmiert über die „Richtung, die die Gesellschaft einschlägt“. „Der christliche Themenpark soll für die 97 Prozent der Menschen in diesem Land gebaut werden, die nicht zur Kirche gehen und denen in der Schule die Evolutionstheorie beigebracht wurde, wo hingegen die Bibel verbannt wurde.“
Der Themenpark mit zwei interaktiven Kinos, einer Cafeteria und sechs Geschäften hat als Herzstück ein Fernsehstudio, in dem christliche Filme und Dokumentationen produziert werden sollen. „Die Evolutionstheorie hat sich fälschlicherweise zum Fundament unserer Gesellschaft entwickelt“, erklärten die Stiftungsmitglieder. (PRO)