Unter anderem stellt der 34-Jährige darin fest, dass sich rund ein Drittel der jungen entschiedenen Christen für die Werte und Normen schämt, die gemeinhin der Evangelikalen zugesprochen werden. Christen in den USA würden vor allem als verurteilend, antihomosexuell, heuchlerisch und zu politisch wahrgenommen. „Das zeigt, dass wir Schwierigkeiten haben, Christus zu repräsentieren. Wir haben uns zu sehr in unserer Glaubenspraxis bequem gemacht“, geht Kinnaman in die Selbstkritik.
Als Ursache identifiziert der Autor die enge Partnerschaft zwischen Christentum und der politischen Führung. „Das an sich ist nicht schlecht. Gott hat Institutionen wie die Regierung oder die Familie etabliert, damit sich die Menschen in der Welt zurecht finden und Freiheit erfahren. Aber es wird zum Problem, wenn man glaubt, dass politische Macht ein Mittel zur inneren Veränderung der Menschen und zur sozialen Veränderung ist“, gibt Kinnaman zu bedenken.
Repräsentierten evangelikale Christen bislang die solide Basis der politischen Rechten in den USA, so zeige auch der US-Wahlkampf, wie deutlich sich dieses Bild wandelt. Jüngere Evangelikale würden ihre politischen Positionen ausweiten. „Jüngere Christen beschäftigen sich mit Fragen des Lebens in erweiterten Kategorien, etwa Umwelt, Abtreibung oder Rechte von Arbeitern und Armen.“ Themen also, die in der Vergangenheit klassischerweise von den Demokraten besetzt waren.
Daher seien junge christliche Wähler zwischen Obama und McCain hin und her gerissen. „Momentan sehen wir, dass ältere Evangelikale eher für McCain sind. Abtreibung ist einer der Gründe, warum sie die Republikaner unterstützen. Jüngere Evangelikale – oder besser gesagt: wiedergeborene Christen, eine erweiterte Gruppe von Leuten – tendieren etwas stärker zu Obama, weil sie glauben, dass er die Welt auch in Grautönen wahrnimmt und für ihren Wunsch nach ganzheitlichen Lösungen steht.“
Von der Idee, gesellschaftlich relevant zu leben, seien Christen jedoch nach wie vor überzeugt: „Für junge Evangelikale ist das Christentum nicht nur eine Privatsache mit dem Versprechen auf Erlösung, sondern eine öffentliche Angelegenheit, die eine neue Sicht auf die Probleme unseres Planeten eröffnet.“