ZDF-Islam-Portal feiert Geburtstag

Es gibt zwei Arten des Islam. Die Anhänger des einen Islam setzen ihr Leben dafür ein, dass jeder, der den Islam nicht annimmt oder über ihn lacht, vernichtet wird; die Anhänger des anderen Islam distanzieren sich davon und legen Wert darauf, dass der Islam friedfertig und tolerant ist. Beide Gruppen berufen sich auf den Koran. Auf dem ZDF-Portal "Forum am Freitag", das vor einem Jahr ins Leben gerufen wurde, bekommt der Zuschauer ausschließlich eine von beiden Seiten präsentiert.
Von PRO

Das Problem ist eigentlich immer das gleiche: auf der einen Seite gibt es Moslems, die weltweit zu Tausenden aufbrausen, wenn in irgendeinem kleinen europäischen Staat Mohammed gezeichnet wird (denn von Mohammed dürfe kein Bildnis angefertigt werden, heißt es, und deshalb müssten Menschen sterben). Manche töten ihre Töchter, weil sie sich mit den falschen Menschen eingelassen haben oder die Ehre der Familie verletzt haben. Andere jagen sich oder andere in die Luft, weil die Nachbarn keine Moslems waren. Doch auf der anderen Seite leben hierzulande rund 3,5 Millionen Moslems, von denen die große Mehrzahl eine komplett andere Interpretation des Korans praktiziert.

Das ZDF-Info-Portal „Forum am Freitag“ wurde am 6. Juli 2007 gestartet, um eben jene friedlichen Muslime näher zu bringen und den deutschen Zuschauern die „richtige“ Interpretation des Korans zu erklären. Diesen Eindruck gewinnt jedenfalls, wer sich durch die „Mediathek“ des ZDF klickt und sich das Archiv der über 50 Sendungen des „Forums“ ansieht. Die beiden muslimischen ZDF-Journalisten Kamran Safiarian und Abdul-Ahmad Rashid interviewen seit einem Jahr Vertreter des Islam. Radikale Moslems oder Themen wie Zwangsverheiratung und Terrorismus im Namen Allahs kommen darin eher selten vor.

Kritik am Islam, ja – aber nur mit richtigem Motiv

Das Argument, man könne doch im Koran nachlesen, ob der Islam nun gewalttätig ist oder nicht, zählt nicht. Aiman Mayzek, Generalsekretär Zentralrat der Muslime in Deutschland und häufiger Gast beim „Forum am Freitag“, klärt auf: „Den Koran nur einfach zu lesen, bringt nichts, Moslems müssen ihn erst auslegen.“ Terror, von vielen Anhängern der Religion praktiziert oder gutgeheißen, sei die falsche, Toleranz und Frieden die richtige Auslegung. Angst vor dem Islam gründe sich auf Unwissenheit, fügt er hinzu. In der Sendung vom 29. November 2007 stellt Mayzek, der selbst von Moslems als „unislamisch“ attackiert wurde, klar: „Der Islam lehnt Hass ab.“ Wieso nur legen dann so viele andere Gläubige den Koran anders aus als die Muslime hierzulande?

In der Sendung „Lachen über Allah?“ (27. Juli 2007) gibt Mayzek zu: Mit Muslimen verbindet man nicht unbedingt das Lachen oder den Humor, sondern eher Gewalt und Terror. Ein typisch muslimischen Humor sei jedenfalls auch ihm nicht bekannt, aber der Prophet habe sicher auch mal gelacht. Eine gewisse „Dünnhäutigkeit“ unter Moslems erklärt Mayzek damit, dass sie oft an den Pranger gestellt würden, obwohl sie nichts verbrochen hätten.

Kritik am Islam wird im „Forum am Freitag“ durchaus nicht ausgeblendet. In der Sendung mit dem Titel „Wie viel Kritik vertragen Muslime?“ sagt Generalsekretär Mayzek: „Nur durch Kritik verbessert man sich und kann sich weiterentwickeln.“ Benötigt der Islam also eine Reform? In der Tat, die Moslems bedürften einer Reform, gibt Mayzek zu, nicht jedoch der Islam. Denn der gründe sich auf den fünf Säulen Glaubensbekenntnis, Gebet, Almosen, Fasten und Pilgerfahrt nach Mekka. „Was will man da reformieren?“ Bei Kritik am Islam müsse man zudem das Motiv dafür hinterfragen. Manche Kritik sei durchaus richtig, „aber das Motiv dahinter falsch“, so Mayzek. „Das ist schade.“ Ob die Kritik also berechtigt ist, entscheidet der Kritisierte. Und zwar dadurch, dass er die „Motive“ des Kritikers bewertet.

Zur Sendung vom 6. Juni heißt es: „Seit einigen Jahren sehen sich die Muslime besonders in Europa starker Kritik von nichtmuslimischer Seite ausgesetzt. Doch die Kritik am Islam besteht bereits seit den Tagen seiner Entstehung. (…) In späterer Zeit kam auch Kritik von der muslimischen Seite selber hinzu, außerdem von jüdischen Autoren sowie evangelikalen Christen.“ Einige der wichtigsten Kritiker sind – teilweise mit Foto – aufgelistet: der Orientalist Hans-Peter Raddatz, der Journalist Henryk M. Broder, die Frauenrechtlerin Seyran Ates. Besonders Letztere hat sich wiederholt gegen ein archaisches, verachtendes Frauenbild im Islam ausgesprochen.

Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor sagt den ZDF-Reportern, Zwangsverheiratung sei unter den Gelehrten verpönt. Trotzdem finde sie nach wie vor statt, das sei in der Tat ein Problem. Ebenso sei die Praxis, Mädchen im Alter von unter 16 Jahren zu verheiraten, reformbedürftig. „Im Sinne des Islam ist dies nicht, dummerweise praktizieren viele Muslime es trotzdem.“ Wieder ist da das Auseinanderklaffen zwischen verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten des Islam. Aischa, die Frau Mohammeds, sei neun oder sogar sechs Jahre alt gewesen, sind sich viele Experten einig. Mohammed, ein Kinderschänder? In der Sendung „Mohammed – ein Kriegsherr und Lüstling?“ hält die muslimische Theologin Hamideh Mohagheghi dagegen, dass Aischa nach der Meinung mancher Gelehrter keineswegs erst neun, sondern mindestens 14 Jahre alt gewesen sei; außerdem könne man das Frauenbild von damals nicht auf heute übertragen. Auf die Frage, ob Mohammed überhaupt gelebt habe, sagt Mohagheghi, das sei quasi gesichert, wohingegen eher fraglich sei, ob Jesus gelebt habe. Ob Mohammed denn Kriege geführt habe? Ja, das sei historisch belegbar, aber: „Er war ein Kind seiner Zeit. Kriege zum Überleben des Islam waren auf der arabischen Halbinsel notwendig.“ Der Aufruf zum Krieg gegen Nichtmuslime sei daher wiederum Folge einer fehlerhaften Auslegung des Islam. Auch wenn sie hundertfach passiert.

Auch der Film „Fitna“ vom holländischen Politiker Geert Wilders war am 9. Mai Thema im „Forum am Freitag“. Der deutsch-ägyptische Regisseur Samir Nasr klagt: Wenn Wilders von einer Legitimation des Terrors durch den Koran spreche, habe er den heiligen Text nur falsch übersetzt. Der Koran müsse im historischen Kontext gesehen werden, damals hätten sich die Muslime im Krieg befunden. „Wilders verkennt, dass der Islam in seinem Wesen zu Friedfertigkeit und Toleranz aufruft.“ Woher kommt dann die falsche Interpretation, die in Saudi-Arabien, Afghanistan, Pakistan, Irak, Israel und vielen anderen Ländern zu Hass und Terror führt? Der Koran – eine ewig gültige heilige Schrift, oder interpretationsabhängiges historisches Dokument? Der Koran selbst jedenfalls behauptet von sich zu Beginn: „Dies ist (ganz gewiss) das Buch (Allahs), das keinen Anlass zum Zweifel gibt, eine Rechtleitung für die Gottesfürchtigen.“

In einer der jüngeren Sendungen war der Deutschland-Korrespondent des arabischen Nachrichtensenders „Al-Dschasira“, Aktham Suleiman, zu Gast. Das Thema: „Islam und Medien“. Doch anstatt auf die Hetze gegen Juden, die USA oder den Westen in arabischen Medien einzugehen, stand vor allem das Lob gegenüber dem als ausgeglichen geltenden „Al-Dschasira“, dem „arabischen CNN“, im Vordergrund. Wirklich kritische Fragen mit Tiefgang darf man im „Forum am Freitag“ nicht erwarten. Das Problem der „Hetze“ liege nicht an den arabischen Ländern, so Suleiman, sondern am Westen, denn der beleidige den Islam regelmäßig, so der Journalist. Al-Dschasira habe es geschafft, den Terror-Führer Osama Bin Laden wieder zu „vermenschlichen“, nachdem der Westen aus ihm „ein Monster“ gemacht habe. Und einen fundamentalistischen Koran-Prediger lasse „Al-Dschasira“ nur deshalb regelmäßig zu Wort kommen, weil er ja eine wichtige Bedeutung in der arabischen Welt habe. Der Moderator hakt nicht nach.

Nicht-Moslems im Forum unter sich

Mit Kritik am „Forum am Freitag“ geht das ZDF zurückhaltend um. Im angeschlossenen Internet-Forum, bei dem sich der Zuschauer einbringen kann, köchelt es bereits, denn auf kritische Einwände vonseiten der Teilnehmer geht die ZDF-Redaktion so gut wie nicht ein. Ein Forumsteilnehmer stellte bereits zwei Mal dieselbe Frage an Bekir Alboga von der „Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion“ (DITIB), doch eine Antwort hat er bis heute nicht erhalten. Albogas Antworten beschränkten sich auf „Ich freue mich, dass Sie diese Frage stellen“, sagt der enttäuschte Zuschauer.

Ein anderer Teilnehmer fragt, warum die Mannheimer Yavuz Sultan Selim Moschee nach dem Eroberer Konstantinopels benannt wurde, „der Tausende von Christen köpfen ließ“. Ein weiterer listet daraufhin andere Moscheen in Deutschland auf, die ebenfalls nach muslimischen „Massenmördern“ wie etwa „Sultan Memet Fatih“ benannt wurden. Ein Leser kritisierte einen Beitrag, in dem behauptet wurde, so wie aus dem Koran könnten auch aus der Bibel Zitate gezogen werden, die Gewalt gutheißen. Er wies im Forum darauf hin, dass diese, wenn überhaupt, aus dem Alten Testament stammten. „Für Christen ist das Leben und Wirken von Jesus Christus ausschlaggebend und vorbildhaft.“ Eine Antwort erhielt keiner von ihnen. Ein Forumsteilnehmer schrieb: „Ich denke es ist besser aufzugeben, denn unbequeme Fragen werden nicht beantwortet bzw. der Fragesteller wird als untoleranter Mensch bezeichnet.“

Dabei liest die Redaktion offenbar fleißig mit, denn ab und zu löscht sie Einträge oder merkt an, dass sie angegebene Quellenangaben in kritischen Kommentaren nicht geprüft habe. Links zu Internetseiten oder Texten sind indes generell nicht erlaubt. Ein User namens „Volker de“ nennt das „Forum“ ein „harmloses Frage-und-Antwort-Spiel“: „Hier wird schnell deutlich, dass man von Seiten des ZDF nicht den Anspruch stellt, investigativen Journalismus zu betreiben. Das wurde auch nie von Seiten des ZDF behauptet.“ Stattdessen verfolge man „ein ganz anderes Ziel mit diesen kleinen Filmchen und den Vertretern der islamischen Seite, die zur Diskussion einladen. Ich nenne das ganze Konzept Propaganda.“ Denn die Redaktion versuche seiner Meinung nach, „ein Bild vom Islam in die Köpfe der Menschen zu projizieren, das den Islam als friedliche Religion darstellt. Das erfolgt systematisch und so wie es ausschaut mit voller Absicht.“ Es würden „Erkenntnisse verdreht, Tatsachen bewusst falsch dargestellt und eben so oft verschwiegen“. Dennoch finde er es „ziemlich spaßig, Menschen wie Herrn Alboga Fragen zu stellen, die er nicht beantworten kann“.

Das „Forum am Freitag“ wird laut ZDF durchschnittlich rund 170.000 Mal im Monat aufgerufen, die Videos erzielen monatlich rund 12.000 Sichtungen. Die Teilnehmer des Forums sind fast ausschließlich Nicht-Moslems. Ein Zuschauer vermutet, dass die anfangs beteiligten Muslime dem Forum wegen der islamkritischen Beiträge immer mehr fortblieben, „weil Muslime nicht an Orten sein dürfen, wo derart gelästert wird“. Über konkrete Fragen zum Islam, etwa ob auch Konvertiten ihre Vorhaut beschneiden müssen, können die allein gelassenen nicht-muslimischen Teilnehmer nur spekulieren.

ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender und Programmdirektor Thomas Bellut bewerten das „Forum am Freitag“ als Erfolg. Nikolaus Brender: „Mit dem Forum am Freitag ist es dem ZDF gelungen, eine in der deutschen Medienlandschaft einmalige Plattform zu schaffen – ein Forum im besten Sinne des Wortes: ein Ort für Diskussion und Dialog zwischen den Kulturen und Religionen.“

„Forum am Freitag“, im Internet unter www.forumamfreitag.zdf.de und im ZDF.infokanal immer freitags um 20.45 Uhr

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