„Die Schulen sind staatlich, die Universitäten auch, nun wird auch das Vorschulkind in staatliche Obhut gegeben: Vom Ausbau der Krippen über Ganztagsschulen bis zur Kindergeldwirtschaft will man überlasteten Eltern helfen“, schreibt Gerd Habermann, seit 2003 Professor an der Universität Potsdam und Leiter des Unternehmerinstituts „Die Familienunternehmer/ASU“, in „Cicero“. Mit dieser „Familienverstaatlichung“ werde das Familienleben weiter sozialisiert.
„Kann es vielleicht sein, dass der Staat die Familien nicht nur fürsorglich umarmt und sozialisiert, sondern zugleich erdrückt?“, fragt Habermann, und meint weiter: „Die Institution der ‚Familie‘ befindet sich seit langem in Konkurrenz zu dem Anspruch des Staates, die Untertanen oder Bürger einzeln an sich zu binden, zu homogenisieren und hierbei jede Konkurrenz auszuschließen.“
„Familie durch künstliche Organisationen ersetzen“
Bereits in sozialistischen Regimen sei versucht worden, Familien vollständig aufzulösen. „Unser moderner Wohlfahrtsstaat führt den egalitär-atomistischen Sozialismus weiter, nicht in dessen gewaltsamen Methoden, wohl aber in den letzten Idealen und Zielen“, so Habermann. Die „Familienpolitik“ sei in ihren Varianten und begleitenden Maßnahmen „Ausdruck dieser Bestrebung, die Familie weitgehend durch künstliche Organisationen zu ersetzen, wobei sie von einem egalitären ‚Feminismus‘ unterstützt wird“. Diese wolle ein „bestimmtes, von männlichen Rollenmustern abgeleitetes Leitbild für alle Frauen verbindlich machen“.
Habermann weiter: „Es geht bei allen familienpolitischen und angeblich kinderfreundlichen Maßnahmen des Wohlfahrtsstaates darum, diese ‚Urgemeinschaft‘ in ihren Funktionen und ihrer hierarchischen Gliederung zu schwächen und von sich abhängig zu machen, sodass alle Bürger dem Staat in größtmöglicher Gleichheit gegenüberstehen.“ Am weitesten sei diese Politik in skandinavischen Ländern wie Schweden oder auch in Frankreich gelangt. In Deutschland folge die offizielle Familienpolitik immer mehr diesem Leitbild.
Mutter soll sich nicht mehr um Kinder kümmern
Scharfe Kritik übt der Wirtschaftsphilosoph etwa an der Einrichtung von Krippen und Betreuungseinrichtungen für Kleinstkinder. Dies sei eine Variante der „Familienverstaatlichung“, bei der „elterliche Funktionen auf staatliche Funktionäre übertragen“ würden. „Im Interesse der Gleichheit wird von den Anhängern dieser Politik ungern gesehen, dass sich die Eltern, namentlich die Mutter, weitestgehend selber um ihre Kinder kümmern, sondern diese Aufgaben werden auf professionelles Betreuungspersonal übertragen“, schreibt Habermann in „Cicero“. Natürliche Eltern, so fügt er hinzu, „gelten überdies erzieherisch als ‚Dilettanten'“.
Im Interesse der Gleichheit der Geschlechter solle damit erreicht werden, dass „die Berufs- und Karrieremuster des Mannes, der bisher häufig für die Finanzierung der nicht berufstätigen Mutter und der Kinder zuständig war, auch der Frau unverkürzt erschlossen werden“. Ziel sei eine paritätische Besetzung aller beruflichen Leitungsfunktionen. Nach dem „Kindeswohl“ oder der Belastung der Mutter werde jedoch nicht gefragt, sondern „mit schönfärberischen Studien und politischer Reklame darüber hinweggetäuscht“, so Habermann.
„Je mehr Staat, desto weniger Kinder“
Begleitende Maßnahmen dieser Familienpolitik seien die „Deinstitutionalisierung der Ehe als Rechtsgemeinschaft und ihre ‚Privatisierung‘ – bis hin zur Gleichstellung aller Formen des familiären Zusammenlebens“. Einen Höhepunkt finde diese „auflösende und relativierende Entwicklung darin, auch homosexuelle Gemeinschaften (warum eigentlich nur mit einem Partner und warum nicht auch alle anderen innigen Partnerschaften?) sogar verbal und rechtlich der Ehe gleichzustellen“, so der Wissenschaftler.
Dabei zeige sich jedoch, dass „eine Verstaatlichung der Familie eine unmittelbare Auswirkung auf die Reproduktionsrate in einer Gesellschaft“ habe. „Je mehr der Staat sich einmischt, desto weniger Kinder werden geboren, obwohl viele Verstaatlichungsaktionen genau damit begründet werden, es den potentiellen Eltern doch leichter zu machen.“
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Den ganzen Beitrag von Gerd Habermann lesen Sie in der neuen „Cicero“-Ausgabe, die am Donnerstag erschienen ist. Weitere Informationen: www.cicero.de